Einführung in die Resilienz - Interview mit Dana Schultchen
Shownotes
Mach-Dich-unkaputtbar - der BKK Podcast zum Thema Resilienz mit Dr. Dana Schultchen
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Yoyo Schweizer: Ein Hallo an alle, die zuhören, hier bei Mach dich unkaputtbar, dem Resilienz-Podcast. Mein Name ist Yoyo Schweizer und ich darf heute mit Dr. Dana Schultchen sprechen.
Dr. Dana Schultchen: Ja, hi, ich bin Dana. Ich bin mittlerweile seit mehreren Jahren in der gesundheitspsychologischen Forschung tätig. Und das Schöne ist, dass ich auch Seminare noch an Hochschulen gebe und natürlich auch in Unternehmen. Ich habe mich dabei vor allen Dingen auf Themen zur Förderung psychischer Gesundheit fokussiert, wie Achtsamkeit, Stress und Resilienz. Ich war da sowohl im Onlinebereich tätig, also habe auch Onlineinterventionen entwickelt, als auch im Offlinebereich. Und es war tatsächlich eine ganz gute Mischung.
Yoyo Schweizer: Wir werden darüber reden, warum heute jeder über Resilienz redet. Ob jeder Resilienz sein kann, wie man das eventuell erlernen kann und warum man für kleine Dinge im Leben dankbar sein darf. Dana, wie bist du selbst mit Resilienz in Berührung gekommen oder wie kamst du dazu, darüber zu forschen?
Dr. Dana Schultchen: Ja, also ich glaube, dass wir im alltäglichen Leben immer wieder konfrontiert sind mit stressigen Situationen, mit Situationen, wo wir einfach Resilienz brauchen. Und Stress gehört einfach seit Jahren zu unserem Alltag dazu. Und ich habe mich schon immer gefragt, wie kann ich eigentlich dieser Herausforderung händeln? Weil eigentlich, also am Stress kann ich manchmal ja nicht so viele Stellschrauben drehen, sondern es geht ja eher darum, wie gehe ich mit dem Stress um, bzw. wie bewältige ich diesen? Und die Frage hat mich eigentlich auch dazu geführt, dass ich gesagt habe, ja, die kann ja nicht nur mich betreffen, sondern ich habe natürlich auch Bock, das an andere weiterzugeben. Und ja, deswegen bin ich davor schon gelandet. Wie resilient bist du selber? Ich würde sagen, auf einer Skala von 0 bis 100 würde ich mich so bei 70 einordnen. Genau, also das, was wir natürlich auch immer sehr gut weitergeben können, heißt natürlich nicht, dass wir das perfekt können als jetzt sage ich mal Dozent oder Experte in dem Bereich. Aber nichtsdestotrotz gibt es immer wieder wellige Fahrten, immer wieder Auffahrten, würde ich sagen.
Yoyo Schweizer: Und ja, das ist ja die wichtige Komponente, dass man da eine gute Balance findet. Das Wort Resilienz ist total in, habe ich das Gefühl. Ich lese das an jeder zweite Ecke. Es gibt ganz viele Literatur darüber. Es gibt Podcasts. Ist das jetzt wirklich in sich damit zu beschäftigen oder war das schon immer so?
Dr. Dana Schultchen: Ja, ich würde das voll unterstreichen, dass du total recht hast, dass Resilienz mittlerweile in aller Munde ist. Und vor allen Dingen, wenn man so Zitate liest wie damit wir die Krise durchstehen, müssen wir Resilienz werden. Und das trifft sich eigentlich letztendlich schon ganz gut, dass die Menschen ja immer wieder mit Herausforderungen krisen konfrontiert sind, die sie letztendlich auch bewältigen müssen. Also das Thema hat auf jeden Fall auch in den letzten Jahren zugenommen. Und das liegt aber auch daran, zum einen, dass wir mit mehr Krisen konfrontiert sind, also einfach wenn wir an Corona zurückdenken oder die Ukraine Krise oder vielleicht auch jetzt die Inflation und finanzielle Ängste vielleicht damit verbunden sind. Aber auch wie wir letztendlich damit umgehen wollen und das natürlich auch die psychische Gesundheit immer mehr eine Rolle spielt. Also wenn wir auch einen Blick darauf werfen, auf Studien, hat sich halt einfach gezeigt, dass ein Drittel der Deutschen mindestens einmal im Leben eine psychische Erkrankung durchlebt. Und das ist einfach eine kontinuierliche Zunahme, die in den letzten Jahren dazu geführt hat, dass das Interesse einfach mehr da ist.
Yoyo Schweizer: Aber ist es auch so, dass wir in den letzten Jahren einfach mehr Stress bekommen haben? Ich habe immer so das Gefühl, wenn ich so an meine Kindheit zurückdenke, wir hatten kein Handy, ich hatte kein Internet. Diese Zeit, die ich jetzt dort verbringe, hatte ich früher für mich selber mehr. Die habe ich jetzt nicht mehr. Also ist es wirklich so, dass wir jetzt mehr Stress haben als früher?
Dr. Dana Schultchen: Also da streiten sich so ein bisschen die Geister, würde ich tatsächlich sagen. Also wenn wir vielleicht auch an unsere Oma oder Opa zurückdenken, die vielleicht auch mehr körperlich aktiv waren oder gearbeitet haben, die hatten natürlich eine ganz andere Form an Stress. Und ich finde, du hast auch einen total wichtigen Punkt genannt. Wir kannten einfach nicht, das kontinuierlich mit dem Handy konfrontiert zu sein. Und digitaler Stress hat in den letzten Jahren einfach enorm zugenommen. Also wenn wir schon allein daran denken, also nicht nur, dass ich vielleicht die Freundinnen und Daunen sehe, die im Urlaub sind, und mir denke, so kann ich jetzt auch mehr in Urlaub sein, sondern auch, dass wir viel mehr mit Nachrichten konfrontiert werden und damit auch überschüttet werden. Das heißt, wir werden vielleicht auch mit immer wieder negativen Komponenten konfrontiert. Und somit steigt natürlich auch unser Stresslevel. Aber auch insgesamt hat sich die Arbeitswelt einfach verändert. Und ich finde es aber gleichzeitig so schön zu sehen, dass die Generation Z sozusagen unsere Nachfolgen der Generation einfach viel mehr Wert darauf legt, jetzt einfach ein ausgeglicheneres Leben zu finden. Und eine andere interessante Komponente, finde ich, ist eigentlich auch, früher haben wir immer von Work-Life-Balance gesprochen. Das gibt es meiner Meinung nach nicht mehr. Es gibt nur noch den Work-Life-Flow. Also es gibt keine Grenzen mehr zwischen Arbeit und Leben letztendlich. Inwiefern gibt es da keine Grenzen? Erklär uns das noch genauer. Wie meinst du das? Zum Beispiel bin ich bei der Arbeit und ich checke meine E-Mails, ich checke private Dinge, die einhergehen, die ich noch schnell erledigen muss. Vielleicht den Arzttermin auch vereinbaren, was ich nebenbei mache. Vielleicht checke ich auch mal die sozialen Medien nebenbei. Das habe ich früher vielleicht nicht so gemacht, weil ich einfach gar nicht mit den sozialen Medien oder auch mit der Digitalisierung so konfrontiert war. Und gleichzeitig ist es aber so, wenn ich natürlich abends nach Hause komme, pingt wahrscheinlich auch schon immer wieder die Arbeits-E-Mail auf. Und ja, das gehört irgendwie mittlerweile zu unserem Leben dazu, auch vielleicht nach der Arbeit die eine oder andere E-Mail zu beantworten.
Yoyo Schweizer: Das quasi alles verwoben ist miteinander und man gar nicht abschalten kann. Das ist ja so ein ganz großes Stichpunkt. Ich kann nicht abschalten. Du hast gerade angesprochen, dass die Generation Z jetzt versucht, so ein bisschen wieder auf sich selbst zu schauen, ein bisschen mehr zu schauen, dass es einem gut geht. Kann man lernen, resilient zu werden?
Dr. Dana Schultchen: Auf jeden Fall. Ich würde aber sagen, dass es auf jeden Fall so eine Komponente ist, die natürlich auch trotzdem noch angeboren ist. Also wir wissen anhand der Studienlage, dass Resilienz nicht nur zwar eine reine angeborene Persönlichkeitseigenschaft ist, aber es gibt Gene, die quasi mit der Resilienz assoziiert sind. Darüber hinaus belegt auch ein großer Teil der Studien, dass es ein lebenslanger dynamischer Lern- und Entwicklungsprozess ist, welcher durch verschiedene Schutz- und Risikofaktoren beeinflusst wird. Also um deine Frage letztendlich zu beantworten. Ja, Resilienz ist erlernbar und somit auch veränderbar. Und jeder kann somit was für seine Resilienz tun, um diese zu stärken. Und was ich aber auch noch betonen möchte, ist, dass Resilienz kann sich über die Zeit verändern. Also hier kommt die Wechselbeziehung zwischen Person und Umwelt zum Tragen. Also ich kann in dem einen Job beispielsweise resilienter sein als in dem anderen Job, der darauf folgt. Oder auch kann ich in verschiedenen Bereichen unterschiedlich resilient sein. Vielleicht erhole ich mich nach einem Jobverlust sehr gut, aber habe nach einem schweren Verkehrsunfall viel mehr Ängste, die sich auch weiterhin auf mein alltägliches Leben auswirken. Du hast es gerade angesprochen, ja, es liegt in den Genen oder auch mit in den Genen. Manche Menschen sind von Natur aus ein bisschen resilienter als andere. Die haben dann einfach verdammtes Glück gehabt, oder? Das könnte man so sagen. Also es ist zumindest ein Teil, wie wir gerade schon gelernt haben. Es ist ja quasi die Wechselbeziehung zwischen angeborenen Komponenten als auch den erlernbaren Komponenten. Und es ist auch wichtig, dass ich mich mit einem guten Umfeld umgebe, welches mir quasi Energie gibt und welches mir Optimismus verleiht und dass ich aber auch selber mir einen positiven Blick auf die Zukunft habe. Das sind für mich die wichtigen Komponenten. Und wenn ich weiß, dass sozusagen Resilienz erlernbar und veränderbar ist, dann sollte ich mich genau darauf fokussieren und nicht nur denken, oh Gott, ich bin jetzt nicht so resilient.
Yoyo Schweizer: Das heißt, ich muss mein Leben danach ausrichten, weil ich bin nicht letztendlich das Opfer von irgendwelchen Umständen, sondern ich muss auch einfach Verantwortung für mein Leben entsprechend übernehmen. Kannst du uns da vielleicht ein praktisches Beispiel geben, wenn ich jetzt merke, das stresst mich total. Ich will aber nicht, dass es mich stresst. Wie kann ich in der Situation Resilienz für mich erlernen?
Dr. Dana Schultchen: Ja, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich fasse das immer ganz gern zusammen über Entspannungstechniken, die zum einen dazu führen, mentale Forderungen und halt auch soziale Unterstützung. Also starten wir einmal. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die Akzeptanz von negativen Situationen oder Herausforderungen, aber ebenso auch von Unsicherheiten. Also bringt es mich wirklich am Ende weiter, mich jetzt über den Stau aufzuregen. Das heißt, ich versuche, mich eigentlich auch ein bisschen in der Gelassenheit zu üben und mir auch zu überlegen, ist die Situation wirklich wert, mich da aufzuregen. Also hier geht es darum, eine gewisse Akzeptanz zu entwickeln, dass sozusagen Veränderungen und Herausforderungen Teil unseres Lebens sind. Und wenn wir nicht nur auf der mentalen Ebene bleiben, kann ich genauso was dazu zählen, wie dass ich Yoga, Meditation oder auch Atemübungen auswähle. Das heißt zum Beispiel eine Atemtechnik ist, die ich ganz schnell mal umsetzen kann, wenn ich mal wieder vielleicht aufgeregt bin, einfach vier Sekunden einzuatmen, die Luft für zwei Sekunden anzuhalten und dann gleichmäßig wieder vier Sekunden auszuatmen. Das Ganze natürlich entsprechend auch zu wiederholen. Man sagt so zehnmal und dass man dann in so einen entspannteren Zustand kommt. Ebenso wird es mich aber auch unterstützen, mich im gesunden Optimismus zu üben und davon auszugehen, dass es im Leben immer mehr positive Dinge als negative Dinge gibt. Hier kennen wir ganz klassisch, das ist ja auch in aller Munde, Dankbarkeitstagebücher oder Dinge, also ich muss mir jetzt nicht unbedingt das Tagebuch kaufen, aber mir vielleicht einfach Dinge zu notieren oder drei Highlights, für die ich dankbar bin an dem Tag. Wichtig ist aber auch zu verstehen, dass natürlich das Leben nicht immer ein Ponyhof ist. Das heißt, wir müssen auch unsere eigenen Erfolge feiern und stärken, somit letztendlich auch unser Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Der Fokus liegt somit besonders auf den eigenen Stärken. Also überlege ich mir als Person, was kann ich eigentlich sehr gut und was habe ich schon geschafft? Und für mich zählt auch hier wieder nicht Opfer der Umstände zu sein, sondern Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.
Yoyo Schweizer: Da kommen wir immer wieder darauf zurück. Ja, genau. Also du hast jetzt quasi gesagt, Gelassenheit üben, das heißt, wenn ich nichts ändern kann in der Situation, dann ist die einfach so und dann nehme ich sie so hin.
Dr. Dana Schultchen: Staubeispiel? Ja, könnte man so klassischerweise sagen, aber natürlich muss ich mir, also ich würde denken, es ist eher eine cognitive Umstrukturierung. Das heißt, mir zu überlegen, ist es jetzt wirklich so schlimm, dass ich jetzt hier im Stau stehe? Kann ich was an der Situation ändern oder eben nicht?
Yoyo Schweizer: Also das war auch das, was ich eingangs so ein bisschen erzählt habe. Natürlich werden wir auch immer wieder mit Stress konfrontiert, aber ich bin letztendlich dafür verantwortlich, ob ich diesen aktiv bewältige oder diesen quasi über mich ergehen lasse. Und das aktiv bewältigen kann ich dann zum Beispiel mit den Atemübungen machen, die ich in der Situation selber auch machen kann oder eben abends für mich so um den Tag ausklingen zu lassen, oder? Ja, total. Also ich finde eine ganz wichtige Resiliente oder Resiliente Komponente oder Bewältigung von schwierigen Situationen ist halt die Stärkung von mir selbst und die Reflektion, die damit einhergeht und die Entspannungstechniken. Und dann hast du noch von dem Dankbarkeitstagebuch oder sich aufschreiben von Dingen, über die ich dankbar bin. Das fällt mir persönlich sehr schwer, weil ich immer denke, ach, das sind so Kleinigkeiten. Ich habe überhaupt heute gar nichts Großes gemacht oder Tolles gemacht, wofür ich dankbar bin. Oder sind es wirklich die Kleinigkeiten, die ich aufschreibe?
Dr. Dana Schultchen: Das ist ganz interessant. Das ist tatsächlich auch das, worüber ich immer wieder in Seminaren natürlich mit den Teilnehmern diskutiere. Und natürlich fällt mir das am Anfang schwer. Aber es geht wirklich tatsächlich auch um die Kleinigkeiten. Also habe ich vielleicht eine gute Freundin getroffen, mit der ich ein super gutes Gespräch hatte. Hatte ich einen total entspannten Morgen, weil ich meinen Lieblingscafé getrunken habe oder weil ich auf dem Weg zur Arbeit in meinem Lieblingscafé gehalten habe. Und sich deren Sachen auch bewusst zu werden. Das liegt vor allen Dingen daran, unser Leben zieht einfach so schnell an uns vorbei und wir entwickeln gar keine Wahrnehmung mehr dafür, was uns letztendlich gut tut. Also erinnern wir uns zum Beispiel zurück vor Corona. Wir konnten halt super viel reisen und es hat für uns eine Selbstverständlichkeit gehabt. Und jetzt dann während Corona war das so, ach, krass, es kann halt auch mal passieren, dass es einfach gar nicht mehr da ist.
Yoyo Schweizer: Ja, wahrnehmen, was normal ist, was nicht normal ist und wofür man dann doch dankbar sein darf. Ja, total. Das heißt, ich kann es lernen, ich bin sehr glücklich, dann kann ich auch noch resilienter werden. Was machen denn resiliente Menschen anders als andere? Gibt es da irgendwie sowas, wo man sagt, das ist deren Ding?
Dr. Dana Schultchen: Ja, also ich glaube vor allen Dingen so dieses Scheitern oder halt Krisen und Herausforderungen auch als Lernraum zu sehen und als Entwicklungsraum zu sehen und daran zu wachsen. Also dieser, ich würde auch sagen, sowas Positives da dran oder damit zu verbinden, aber nicht mit einem naiven Optimismus da entsprechend ranzugehen. Und das ist, glaube ich, die wichtigste Komponente, die entscheidend ist. Wie ist es denn mit der Umgebung? Also wenn ich jetzt sage, hey, ich will resilient werden, ich will da an mir arbeiten und üben und ja, für mich was tun. Wie wichtig ist meine Umgebung? Ein super wichtiger Faktor. Also was die Resilienzforschung gezeigt hat, dass es jetzt nicht unbedingt darum geht, dass ich irgendwie 30 Bezugspersonen um mich herum habe, sondern es ist total wichtig, mindestens eine Bezugsperson zu haben, mit der ich mich austausche. Aber was ich auch noch betonen möchte, ist quasi gibt es so eine kleine Übung, die nennt sich Netzwerkcheck. Und da schreibe ich quasi mal auf, wer sind denn eigentlich so meine Energieräuber? Wer sind meine Energiegeber? Und wer sind so neutrale Personen in meinem Leben? Also wie nahe stehen sie mir? Und ich finde letztendlich auch heraus, wer mich stärkt und wer mich supportet.
Yoyo Schweizer: Und das sind genau diese Komponenten, die entscheidend für das Leben sind bzw. wie schwierige Situationen letztendlich auch bewältige. Die Energieräuber, das sind dann die Menschen, die zum Beispiel immer negativ eingestellt sind oder immer sagen, das schaffst du eh nicht und das funktioniert doch nicht. Ist es dann gut, mich von denen zu lösen? Also einfach sagen, Arrivederci?
Dr. Dana Schultchen: Tatsächlich würde das die Resilienzforschung sagen. Jetzt muss man ja sagen, dass man manchmal ja auch mit familiären Mitgliedern konfrontiert ist, von denen man sich nicht einfach lösen kann. Aber an sich sollte man sich von solchen Personen, die einen quasi die Energie rauben, eher fernhalten und ja vielleicht oder ihnen vielleicht auch das mal spiegeln, weil oftmals sehen, dass die Person natürlich auch nicht wahr und sozusagen nicht gleich den krassen Cut will, um sozusagen auf die Situation rauszugehen. Was sind denn die größten Gefährder für die Resilienz? Wir haben gerade schon gesprochen eben über Energieräuber. Was gibt es noch so, wo ich vielleicht ein bisschen drauf schauen sollte? Also du meinst Risikofaktoren? Ja, genau. Genau, also wenn wir jetzt in die Resilienzforschung schauen, dann ist es tatsächlich sowas wie Scheidung, Jobverlust, Ton, aber auch solche Dinge wie Armut, Kindesmissbrauch, Mobbing, psychische Erkrankung der Eltern. Und das, was wir auch erst schon gesprochen haben, die ständige Erreichbarkeit, mit der wir eigentlich konfrontiert sind und der chronische Stress, aber auch sowas wie Arbeitsintensität. Und das sind ja vor allen Dingen die äußeren Faktoren, die ich genannt habe. Also alles, was sozusagen von der Umwelt auf mich auch einwirkt. Und ja, dann gibt es sozusagen noch die inneren Faktoren. Dazu zählt vor allen Dingen sowas wie emotionale Instabilität. Und ja, das ist ja auch erst gesagt ein bisschen ähnlich zu den Energieräubern, aber so eine erhöhte Tendenz für den Fokus auf Probleme. Also immer nur zu sehen, oh Gott, ich habe jetzt ein Problem und denke gar nicht in Lösung, sondern ich sehe nur beispielsweise, wie hoch der Berg an Arbeit vor mir entsprechend ist.
Yoyo Schweizer: Wenn ich jetzt sage, ich will dagegen was tun, wir haben vorhin schon darüber gesprochen, was man alles tun kann, soll ich das erst mal alleine versuchen? Und wenn ich dann merke, ich komme nicht weiter, hole ich mir Hilfe? Und wenn ja, bei wem?
Dr. Dana Schultchen: Ja, das ist tatsächlich ein ganz wichtiger Punkt. Also ich finde tatsächlich immer, es ist ganz gut im ersten Schritt, das sozusagen zu versuchen, ein paar verschiedene kleinere Übungen einfach mal auszuprobieren. Und im weiteren Schritt, wenn ich wirklich merke, das ist mir sozusagen ja etwas unheimlich. Und irgendwie komme ich immer wieder zum Beispiel in den Gedankenstrudel auch auf diese Problemfokussierung. Dann würde ich auf jeden Fall empfehlen, mir ja entsprechende Hilfe im Rahmen eines Coachings, aber auch im Rahmen einer Psychotherapie zu holen.
Yoyo Schweizer: Okay, das war jetzt mein Stichwort. Also Psychiater wäre so ein richtiger Ansprechpartner oder so Lebenscoachs, oder? Ich bin immer mit dem Begriff Lebenscoach, wüsste mich nicht. Also ich sage, ich würde sagen allgemein, Coach und Psychiater ist tatsächlich auch ein bisschen schwierig, weil wir reden ja eigentlich von der Psychotherapie und Psychiater sind ja die, wenn es um Persönlichkeitsstörungen geht, die mir dann da helfen. Okay, also dann einen allgemeinen Coach fragen. Ja, genau. Sehr schön. Das ist immer so, weißt du, als normaler Mensch fragst du dich dann, wo wende ich mich denn jetzt hin? Wer hilft mir da? Also da steht man dann immer da und weiß nicht wirklich weiter, ehrlich gesagt.
Dr. Dana Schultchen: Ja, und tatsächlich, was ich in den letzten Jahren auch aus Sicht von, also aus Sicht oder aus meiner Sicht als Psychologin wahrgenommen habe, ist, dass oftmals die Leute sagen, ah ja, so schlimm ist es ja noch nicht, ich muss noch nicht zur Psychotherapie gehen. Und ich finde, Psychotherapie hat aber auch einen gewissen Punkt an Selbstfürsorge mit sich. Also das heißt, ich arbeite auch an mir, gerade wenn ich vielleicht in diesen Gedanken gestrudelt bin, dann kann das ja schon das erste Anzeichen für eine Depression sein und da auch nicht den Mut zu verlieren und sozusagen sich professionelle Unterstützung zu holen. Und ich weiß natürlich auch, eine ganz große Hürde ist, dass aktuelle, ja, nicht so viele Psychotherapeuten zur Verfügung stehen, dass es mit enormen Wartezeiten verbunden ist. Aber auch hier einfach dran zu bleiben, kann ich nur ermutigen, weil es gibt da im Moment so viel zurück und man kümmert sich ja eigentlich nur um sich selber.
Yoyo Schweizer: Ich finde das ganz interessant. Das heißt, du sagst, nicht erst, wenn ich am Boden liege und gar nicht mehr kann und mir geht es total schlecht, sondern auch wenn ich schon merke, hey, ich komme da nicht weiter, dass man sich dann schon Hilfe holen darf.
Dr. Dana Schultchen: Ja, auf jeden Fall. Weil ich muss nicht immer erst am Boden liegen. Ich muss nicht beispielsweise beim Burnout erst zusammengebrochen sein, damit mir bewusst wird, oh, da läuft gerade was nicht gut, sondern die eigenen Warnzeichen einfach wahrzunehmen und dann nochmal darüber zu reflektieren. Ist das jetzt schon was, wo ich mich halt nicht so gut fühle? Vielleicht auch nochmal Rückmeldungen im Freundes- oder Familienkreis holen, wie sie mich vielleicht wahrgenommen haben und ob ich mich in den letzten Monaten verändert habe.
Yoyo Schweizer: Und jetzt muss ich nochmal ganz ganz am Anfang unseres Podcasts kommen. Wir haben ja damals gesprochen, damals gut, vor ungefähr 15 Minuten haben wir darüber gesprochen, dass die Resilienz auch in den Genen schon liegt, dass man sie aber auch lernen kann. Wie wichtig ist dabei die Bindung von Eltern zu Kindern und was können Eltern Kindern mitgeben?
Dr. Dana Schultchen: Ja, also Bindung ist natürlich ein enorm wichtiger Punkt. Also die sichere Bindung zu der Familie stärkt einfach mein eigenes Selbstvertrauen und das Vertrauen in andere Menschen und die Welt. Und wenn wir nochmal zurück zu den Übungen gucken, gerade wenn ich mich vielleicht auch nochmal anderen anvertraue, dann gibt es mir ja auch eine gewisse resiliente Komponente, beziehungsweise eine gewisse Stärkung in meinem Umgang mit den Problemen. Und allgemein hat somit die Bindung einen positiven Effekt auf die Resilienz. Und was ich auch schon gesagt habe, ist, dass mindestens eine zentrale Bezugsperson in diesem Kontext entscheidend ist. Also das heißt, die sichere Bindung ist ein zentraler Faktor. Und kann ich als Eltern irgendwie die Kinder stärken? Also ich habe gelesen, dass wenn man die Kinder von allem fernhält und keinem Stress aussetzt und alles für die Kinder regelt, ist das gar nicht so super. Ja, tatsächlich. Kinder müssen halt auch lernen. Und das ist glaube ich der wichtigste Kernpunkt auch bei der Resilienz. Also Krisen und Herausforderungen sind einfach Teil unseres Lebens. Und wir können nicht immer den negativen Emotionen oder dem Stress ausweichen, sondern wir werden immer wieder damit konfrontiert. Also das heißt, den Kindern halt auch zu zeigen, dass es halt Teil des Lebens ist. Also ich bin beispielsweise kein Fan davon, wenn ewig verheimlicht wird, falls es einen Todesfall in der Familie gab, weil das gehört auch zum Leben leider dazu. Und das müssen auch Kinder lernen und ihnen aber auch so einen gewissen Optimismus mitzugeben und wirklich den Blick auf die positiven Dinge natürlich zu schärfen, ist genauso gut der wichtige Punkt. Und das, was ich halt immer finde, ja, also man kann Kindern nicht genug applaudieren für kleine Erfolge, aber das halt auch ein entsprechendes Selbstvertrauen gestärkt wird und sie sozusagen darin wachsen. Du hast gerade gesagt, den Blick auf positive Dinge werfen. Hast du noch irgendwie einen Ratschlag als Expertin, den du uns mitgeben willst? Wenn es speziell um die Resilienz geht, also ich finde immer das Geheimnis der Resilienz ist ja nachhaltig, mit seinen psychischen Ressourcen umzugehen. Also das heißt, ich sollte mir die Zeit nehmen, um auch die schönen Dinge des Lebens zu genießen. Also wir wieder auch bei dem Punkt mit dem Dankbarkeitsaspekten und es halt auch einfach wahrzunehmen, gerade in unserer schnelllebigen Welt. Und denn die geben mir letztendlich wieder Kraft, um die Herausforderungen und Krisen zu meistern und aktiv anzugehen. Und letztendlich sind wir Gestalter bzw. Gestalterinnen unseres eigenen Lebens. Und ja, das ist für mich der wichtigste Punkt in der Resilienz.
Yoyo Schweizer: Ja, genau. Mensch, vielen lieben Dank für dieses wunderbar tolle Interview, für die ganz vielen Infos und vor allem auch für die Tipps und Tricks, wie wir selber resilienter werden können. Lieben Dank, Dana. Danke, freut mich, dass ich dabei sein durfte.
BKK Landesverband Bayern
‧Gerda Petersen
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