Resilient & entspannt durch die Weihnachtszeit – Podcast mit Dr. Tatjana Reichhart
Shownotes
Moderation: YoYo Schweizer Gast: Dr. Tatjana Reichhart – Ärztin, Coach, Speakerin und Autorin
In dieser besonderen Weihnachtsfolge spricht YoYo Schweizer mit Dr. Tatjana Reichhart über den Vorweihnachtsstress und wie man es schafft, widerstandsfähig und entspannt durch die festliche Zeit zu kommen. Dr. Reichhart beleuchtet dabei die häufig auftretenden Herausforderungen: hohe Erwartungen, familiäre Spannungen und den Konsumdruck – und zeigt, wie man durch Selbstfürsorge und klare Kommunikation trotzdem eine besinnliche Zeit genießen kann.
Themen und Highlights der Folge:
00:00:00 – Ein ganz kleines, vorweihnachtliches Hallo im Resilienz-Podcast "Mach dich unkaputtbar". 00:00:15 – YoYo Schweizer begrüßt die Zuhörer und stellt das Thema vor: Weihnachten entspannt und resilient erleben. 00:00:22 – Zu Gast ist Dr. Tatjana Reichhart, die als Ärztin und Coach ihre Erfahrungen mit Weihnachtsstress teilt. 00:01:09 – Warum wir uns Jahr für Jahr in den Weihnachtsstress stürzen und wie unrealistische Erwartungen dazu beitragen. 00:05:49 – Der Einfluss von Erwartungen auf unsere innere Widerstandskraft und warum es wichtig ist, diese realistisch zu hinterfragen. 00:16:27 – Weihnachten als Single oder Alleinstehender: Tipps für ein entspanntes und erfülltes Fest ohne Einsamkeit. 00:30:26 – Geschenke und Konsumdruck: Wofür schenken wir eigentlich und wie kann man den Konsumdruck reduzieren? 00:40:35 – Selbstfürsorge während der Feiertage: Wie wichtig es ist, seine eigenen Bedürfnisse zu achten und Grenzen zu setzen. 00:46:42 – Die wichtigsten Erkenntnisse: Kommunikation, realistische Erwartungen und das Achten auf die eigenen Bedürfnisse. Tipps und Takeaways: Dr. Tatjana Reichhart und YoYo Schweizer geben wertvolle Strategien, wie man sich vom gesellschaftlichen Druck lösen kann, Weihnachten „perfekt“ zu gestalten. Stattdessen zeigen sie, wie jeder die Feiertage nach seinen eigenen Bedürfnissen gestalten und genießen kann – ob allein, mit der Familie oder Freunden.
🎧 Hör jetzt rein und mach dich UNKAPUTTBAR!
Weitere Informationen rund um das Thema Resilienz findest du auf unserer Website www.mach-dich-unkaputtbar.de
Transkript anzeigen
00:00:00: Ein ganz kleines, vorweihnachtliches Hallo im Resilienz-Podcast "Macht ich unkapputbar?"
00:00:14: Mein Name ist YoYo Schweitzer und wir erfahren heute zusammen, wie wir hoffentlich entspannt
00:00:19: und auch resilient durch die Weihnachtszeit kommen.
00:00:22: Wer uns dabei hilft, Dr.
00:00:24: Tatjana Reichart, Ärztin Coach, Speakerin, Autorin und Weihnachtsstress erfahren.
00:00:30: Hallo!
00:00:31: Ja, hallo!
00:00:32: Doch, doch, schon auch.
00:00:34: Ich glaube, den Weihnachtsstress, den kennt jeder, oder?
00:00:37: Ich denke auch, das gehört irgendwie dazu.
00:00:39: Genau, das ganze Jahr hetzen wir schon durch einen stressigen Alltag, berufliche Verpflichtungen,
00:00:44: Termine, Totulisten, die irgendwie nie enden und dann freut man sich ja immer so auf besinnliche
00:00:48: Weihnachten.
00:00:49: Ah, diese schöne Adventszeit! Ja, und die Realität ist dann, eine Weihnachtsfeier jagt die nächste.
00:00:55: In der Schule werden Noten gemacht, man muss lernen mit den Kittys.
00:00:57: Der Geschenke-Wahnsinn greift um sich, streit wo und wie man das Weihnachtsfest und die
00:01:02: Feiertage verbringt.
00:01:03: Die Frage ist, wo ist die Besinnlichkeit, die Zeit der Entspannung und das bei Sammels
00:01:09: 1 mit der Familie.
00:01:10: So, Tatiana, lass uns direkt reingehen.
00:01:13: Warum tun wir uns das an?
00:01:15: Ich weiß es nicht.
00:01:17: Tatsächlich, ich weiß es nicht.
00:01:19: Ich glaube, das ist so eine überkulturelle, natürlich, also, klar, Weihnachten, rituell,
00:01:24: kulturell, das lässt sich gleich erklären, aber dann, glaube ich, machen wir das halt
00:01:28: einfach immer so weiter, weil es schon immer so war und überlegen gar nicht, was wir da
00:01:32: eigentlich tun und rauschen dann immer wieder in dieselben Probleme und Fehler, in Anführungszeichen.
00:01:39: Also, ich kann es nicht ganz genau sagen, warum wir eigentlich immer wieder denselben
00:01:43: Mist jedes Jahr wiederholen.
00:01:44: So Mist im Sinne von eben, was du gerade gesagt hast, diesen Stress.
00:01:48: Also, so ganz genau kann ich es dir nicht sagen.
00:01:50: Ja, also diese Erwartung, die man an Weihnachten hat, ist quasi dieses Bild, das man gerne
00:01:56: hätte, oder?
00:01:57: Richtig.
00:01:58: Also, natürlich sind es so ein bisschen unterschiedliche Bilder, die dann ja auch manchmal kollidieren.
00:02:02: Deswegen gibt es dann ja auch diese Streits oder Konflikte, aber wir haben eine hohe Erwartung,
00:02:08: die manchmal so aufgeladen ist, dass wir eben genau, wie du es gesagt hast, das ganze
00:02:12: Jahr über uns eigentlich darauf freuen, endlich dieses Jahresende zu haben.
00:02:16: Das ist damit ja verknüpft, um da zur Ruhe zu kommen.
00:02:19: Und eben eigentlich haben wir eine ganz große Sehnsucht nach diesen ruhigen Tagen.
00:02:23: Und ich glaube, während der Corona-Pandemie hat man das ja ganz gut gemerkt, weil da
00:02:27: war es ja dann auch tatsächlich mal ruhiger und besinnlicher.
00:02:30: Und viele Menschen in meinem Umfeld haben gesagt, ja, schau, jetzt war es mal wirklich so,
00:02:34: wie ich mir Weihnachten eigentlich und die Vorweihnachtszeit vorstelle, also, dass
00:02:38: ich da auch die vier Wochen Advent überhaupt habe, um runterzukommen.
00:02:42: Also, diese Erwartung, dann plötzlich muss das ja ruhig werden, was natürlich absurd
00:02:47: ist in einer Konstellation, wo man aber gleichzeitig die Erwartung hat, alle Familienmitglieder
00:02:52: zu sehen, dann ganz ruhig und gemütlich am Tisch zu sitzen, bei einem wahnsinnig tollen
00:02:58: Essen und dann eben auch noch die Geschenke, die dann unglaublich toll sein sollen.
00:03:02: Also, da kommt dann einfach zu viel zusammen und realistischerweise ist es ja gar nicht
00:03:05: möglich, das auf drei Tage oder drei Wochen zu verteilen.
00:03:10: Ja, du hast noch die Dekor vergessen.
00:03:12: Man muss, oh ja, genau.
00:03:13: Man muss alles dekorieren.
00:03:14: Was aber vielleicht ja das Entspannte ist.
00:03:16: Also, das ist zumindest der Teil, der mir am meisten Spaß macht, dass ich sage, okay,
00:03:20: dafür nehme ich mir jetzt mal einen Tag Zeit und dekoriere und danach jetzt dann anstrengend.
00:03:26: Aber genau, das ist natürlich auch noch dabei.
00:03:28: Was macht diese Haltung, diese Erwartung, die wir haben mit unserer inneren Widerstandsfähigkeit?
00:03:34: Also, wenn wir jetzt jetzt mal ganz grundsätzlich anschauen, dann ist letztlich der Mechanismus
00:03:40: immer so, egal ob bei Weihnachten oder Geburtstag oder anderen Sachen oder Partnerschaft, also
00:03:44: kann man auf alles übertragen.
00:03:46: Wir haben eine gewisse Erwartung und wenn diese Erwartung nicht erfüllt wird, werden
00:03:51: wir enttäuscht.
00:03:52: Dann spüren wir ein Gefühl von Enttäuschung und das kann man auch botenstofftechnisch
00:03:55: erklären.
00:03:56: Also, wenn unsere Erwartung erfüllt wird, dann haben wir ein ausgeglichenes Gefühl,
00:04:01: wenn unsere Erwartung übertroffen wird, also zum Beispiel Weihnachten ist schöner geworden,
00:04:06: als ich es mir vorgestellt habe, dann bekommen wir Dopaminausschüttungen, also so was ganz
00:04:10: Positives.
00:04:11: Und wenn eben meine Erwartungen sehr hoch sind, ist natürlich die Gefahr sehr groß, dass
00:04:16: sie nicht erfüllt werden oder nicht über erfüllt werden und ich dann eher in dieser
00:04:20: Enttäuschung in diesem negativen Gefühl hängen bleibe.
00:04:23: Und dieser Mechanismus, der ist letztlich auf alles anzuwenden, kann man, also es ist immer
00:04:28: dasselbe im Gehirn, spielt sich das immer dasselbe ab und wir die Evolutionsbiologe stecken
00:04:32: wir ja irgendwie noch in der Steinzeit, da gab es noch keinen Weihnachten, aber da war
00:04:36: das Prinzip im Gehirn immer auch schon dasselbe.
00:04:39: Und was ist jetzt schlimmer, wenn ich von mir selbst zu viel erwarte oder wenn andere
00:04:44: von mir zu viel erwarten?
00:04:45: Ich habe, du hattest mir diese Frage ja im Vorfeld auch schon so zum Überlegen geschickt
00:04:52: und ich habe da wirklich lange überlegt und ich würde sagen, dass eigentlich die zu
00:05:00: hohe Erwartungen an einen selber von einem selber ist das Schlimmere, weil es auch noch
00:05:07: Haus gemacht ist.
00:05:09: Das Gute daran ist allerdings, dass ich ja meine Erwartungen sehr gut selbst steuern
00:05:13: und regulieren kann.
00:05:14: Deswegen hat es auch einen Vorteil.
00:05:16: Andererseits sind die Erwartungen von anderen von mir ja erst mal nicht so wirklich steuerbar
00:05:22: natürlich auch, weil ich kann auch falsche Erwartungen setzen und ich kann mich aber
00:05:26: auch im Vorfeld gut abgrenzen und damit ein gutes Erwartungsmanagement machen.
00:05:30: Aber anders, also wenn wir es andersrum sehen, wenn andere Menschen zu viel von mir erwarten
00:05:35: oder zu hohe Erwartungen, also falsche Erwartungen an mich stellen, dann sind es ja deren Irrtümer,
00:05:41: ja dann haben die sich ja geirrt und dann ist es eigentlich nicht so schlimm.
00:05:44: Also deswegen würde ich jetzt sagen, meine eigenen zu hohen Erwartungen, die ich an mich
00:05:48: bin, sind, kann ich zwar gut steuern, aber das ist das, was vielleicht auch schwieriger
00:05:52: ist.
00:05:53: Kann es auch sein, weil ich mich selber enttäusche und bei anderen stresst mich vielleicht nur
00:05:58: und das kann ich aber auch vielleicht wegdrücken.
00:06:00: Richtig, genau, weil das hat ja sehr viel mit dem Selbstwert zu tun, oft auch so dieses
00:06:05: auch dieses "Binniches Wert geliebt zu werden" und wenn ich glaube, ich werde nur dann geliebt,
00:06:09: wenn ich perfekt bin und die perfekte Weihnachtsfeier ausrechte, dann macht es mit mir sehr viel
00:06:16: und das steht natürlich dann auch in Kombination mit dem Außen, also man kann es wohl auch
00:06:21: gar nicht genau trennen, weil wenn dann die anderen sagen, was ist denn das jetzt hier
00:06:25: für ein Fisch auf dem Teller, das ja grauselig, dann ist es für mich doppelt schlimm, wenn
00:06:30: ich eh schon so hohe Erwartungen an mich hatte und jetzt noch die anderen davon enttäuscht
00:06:34: sind, dann bin ich so doppelt gescheitert und das ist dann so quasi the worst case Szenario.
00:06:39: Also im Gefühl, in Wirklichkeit ist es ja vollkommen überhaupt nicht schlimm, aber
00:06:43: es fühlt sich so schlimm an.
00:06:45: Da kommen wir zur Selbstversorgung, das machen wir ganz am Ende von unserem Gespräch, was
00:06:49: man dann tun kann für sich selbst.
00:06:51: Was kann ich denn aber machen oder wie schaffe ich es meine, also vielleicht unrealistischen
00:06:57: Erwartungen an mich selbst oder auch an andere abzulegen?
00:06:59: Gibt es da irgendein Trick, ein Tipp oder?
00:07:03: Ja, also ich denke das erste ist wirklich dieses sich das überhaupt klar zu machen, also
00:07:08: erstmal zu verstehen, was sind Erwartungen?
00:07:10: Also Erwartungen haben schon etwas Druckhaftes.
00:07:12: Also da ist schon Druck dahinter, ein Wunsch oder eine Hoffnung, das ist so ein bisschen
00:07:17: was Weicheres.
00:07:18: Also ich würde mir wünschen, dass wir schöne Weihnachten haben, ist was anderes.
00:07:22: Also ich erwarte mir einen am 24.
00:07:24: Dezember sitzen alle zusammen und es gibt eine gute Stimmung und ein gutes Essen.
00:07:27: Das hat was viel vehementeres.
00:07:29: Das heißt, wenn wir erstmal begreifen, was es auch mit uns macht, nämlich wenn diese
00:07:33: Erwartung dann nicht erfüllt wird, dann werde ich automatisch ein schlechtes Gefühl haben.
00:07:37: Wenn ich das weiß, kann ich das ja auch steuern und könnte zum Beispiel sagen und das nochmal
00:07:41: realistisch hinterfragen, also auch so ein Realitätscheck, um was geht es hier denn eigentlich?
00:07:46: Also geht es darum, dass ich jetzt hier mit meiner Familie zusammensitzen möchte und
00:07:51: einfach mit denen Zeit verbringen möchte oder möchte ich etwas entsprechen und jetzt
00:07:55: sagen und irgendeine Erwartung, die vielleicht noch nicht mal meine Familie stellt, sondern
00:07:59: vielleicht die Gesellschaft hinterherhächeln oder was steckt denn dahinter?
00:08:03: Also auch die Frage, welches Bedürfnis soll eigentlich befriedigt werden?
00:08:06: Also vielleicht auch, wenn es um die Erwartung der Besinnlichkeit geht, dann könnte ich
00:08:10: mir die Frage stellen, so was steht, wofür steht es denn eigentlich?
00:08:13: Und dann könnte ich mir überlegen, wie kann ich das auch an anderer Stelle befriedigen,
00:08:18: dass das nicht alles auf einen Tag oder eine Zeit im Jahr gelagert wird, sondern dass
00:08:23: ich dann ehrlich auch sagen kann, na ja gut, vielleicht schaffe ich ja zum Beispiel ein
00:08:27: schönes Familienessen auch im Oktober oder im September.
00:08:30: Es muss nicht an Weihnachten sein und habe aber das Bedürfnis nach Nähe und Zugehörigkeit
00:08:35: damit befriedigt.
00:08:36: Also dass ich da ein bisschen genauer hinschaue, wofür steht es und was tue ich mir und
00:08:41: anderen da eigentlich auch damit an und gleichzeitig auch den anderen gegenüber realistisches
00:08:48: Erwartungsmanagement zu betreiben und zum Beispiel auch zu sagen, ich werde das nicht
00:08:52: leisten können für zehn Leute zu kochen oder ich möchte das nicht leisten.
00:08:55: Sorry, wenn ihr dann enttäuscht seid, wir gehen aber essen zum Beispiel.
00:09:00: Kommunikation ist glaube ich ganz wichtig oder?
00:09:02: Genau.
00:09:03: Also dass ich einfach auch sage, ich will am 24.
00:09:05: Das ist mir zu viel, lass uns dieses Essen einfach jetzt machen.
00:09:09: Genau.
00:09:10: Also wirklich dieses Darüber sprechen und das Interessante ist ja, dass es offensichtlich
00:09:14: ja sehr vielen so geht und dass es ja oft eine Erleichterung gibt, wenn man dann sagt,
00:09:19: komm, dieses Jahr kommen wir jetzt nicht am 25.
00:09:22: Dann von München nach Hamburg gefahren, um euch für einen Tag zu sehen.
00:09:25: Das ist ja auch dann noch diese Reisetätigkeit zwischen den Feiertagen, ist ja oft auch noch
00:09:28: ein Riesenstressor, sondern zu sagen, wisst ihr was, wir kommen dafür in der ersten Januarwoche
00:09:33: vielleicht.
00:09:34: Und dann machen wir da ein schönes Essen.
00:09:36: Also es ist ja auch eine artificielle Verknüpfung mit diesem Datum.
00:09:41: Das ist hilfreich für diese Ritualisierung, gibt auch eine Sinnhaftigkeit, Bedeutsamkeit
00:09:45: im Zyklus des Jahres, hat natürlich auch eine Christ, also es hat ja eigentlich auch
00:09:50: schließlich eine christliche Tradition, die wir ja eigentlich vergessen.
00:09:53: Und wenn wir das so ein bisschen lockerer nehmen und sagen, um was geht es denn eigentlich
00:09:59: und darüber reden, gibt es ja viele, die dann auch zustimmen würden und sagen, komm, es
00:10:03: entspannt uns auch, wenn wir ein bisschen mehr Zeit miteinander haben und ihr dann nicht
00:10:06: am nächsten Tag um sechs wieder losfährt nach Ulm, um da die nächste Verwandtschaft zu besuchen.
00:10:10: Lasst uns die einzelnen Lebenssituationen da mal ein bisschen beleuchten.
00:10:16: Wir haben jetzt gerade schon ein bisschen über die Familie gesprochen.
00:10:18: Es gibt ja einfach verschiedene Abschnitte, in denen man sich befindet.
00:10:21: Vielleicht kannst du uns da so ein paar Tipps geben oder Anregungen, wie man stressfrei
00:10:27: auch durch die Adventszeit, also nicht nur durch den 24.
00:10:29: Kommt in verschiedenen Abschnitten.
00:10:31: Weil wir fangen ganz unten an bei den Kindern.
00:10:35: Ich glaube, das sind ja noch die Unbeschwertesten.
00:10:37: Trotzdem haben auch die Stress.
00:10:39: Ja, also vielleicht sollten wir nochmal überlegen, was wir da eigentlich feiern.
00:10:44: Wir feiern die Geburt von Jesus Christus.
00:10:46: Ja, das ist eine rein christliche Tradition.
00:10:49: Und die Bedeutung, die wir dem noch beimessen hat, mit dem ursprünglichen ja gar nichts
00:10:53: mehr zu tun.
00:10:54: Und ich glaube, wir sollten erstmal überlegen, um was geht es da eigentlich und es ist eigentlich
00:10:59: was Schönes.
00:11:00: Wir haben einen Wurz-Dark-Feier eigentlich, wenn man so möchte.
00:11:03: Und natürlich auch die Besinnung darauf, was das denn auch für uns bedeutet.
00:11:07: Wir können das natürlich übertragen in unser Leben, meinetwegen.
00:11:09: Aber die meisten verstehen ja gar nicht mehr den Grund und den Anlass.
00:11:13: Und wenn wir das aber wieder, also wenn wir jetzt eh schon zum Beispiel gar nicht mehr
00:11:16: in die Kirche gehen und überhaupt nicht mehr glauben, dann könnten wir uns ja auch von
00:11:19: diesem Diktat des Advents und des 24. Dezembers ein bisschen frei machen und sagen eher, ich
00:11:24: mache das, weil ich das irgendwie nett finde und für die Kinder, weil du es jetzt angesprochen
00:11:28: hast, die Kinder, die dann sagen, das ist ein Ritual.
00:11:31: Es gibt auch eine Struktur im Jahr.
00:11:33: Das ist ja eben auch was wirklich Gutes.
00:11:35: Das hat auch was mit Resilienz zu tun.
00:11:38: Dieser Resilienzfaktor der Sinnhaftigkeit und Bedeutamkeit ergibt sich eben auch über
00:11:43: solche rituale Traditionen, wo wir wissen, sehr viele Menschen feiern jetzt dasselbe
00:11:48: und sehr viele Menschen machen das Gleiche zur gleichen Zeit.
00:11:51: Also das ist schon was Verbindendes, was uns guttut und was auch den Kindern guttut.
00:11:56: Und dann wissen, da sitzen jetzt die meisten so da, wobei das ja auch gar nicht mehr der
00:12:00: Realität entspricht, weil durch unsere, also vor allem ja auch in städtenmultikulturelle
00:12:04: Gesellschaft, kriegen die ja auch mit, dass ganz viele ihrer Schulfreundinnen und Freunde
00:12:09: gar nicht Weihnachten feiern, dafür andere Feiertage vielleicht haben.
00:12:12: Also da ist es auch nicht mehr so dogmatisch wahrscheinlich, weicht sich das da eher auf.
00:12:16: Und für die Kinder ist natürlich dieses Spannende, da kommt dann erst der Nikolaus am 6. Dezember
00:12:21: oder 5. Dezember, je nachdem und dann kommt irgendwie das Christkind oder beziehungsweise
00:12:26: dann der Weihnachtsmann, das ist ja auch schon total verwischt und gar nicht mehr, wie
00:12:29: es eigentlich sein, also ursprünglich gedacht war letztlich.
00:12:31: Dann sind natürlich die Geschenke das Wichtige und dass diese Vorfreude, das ist glaube ich
00:12:36: dieses Glitzern in den Augen und das ist glaube ich das, was bei den Kindern noch so stark
00:12:41: ist, dass die da diese Vorfreude haben und die Vorfreude ist natürlich ein ganz stark positives
00:12:46: Gefühl.
00:12:47: Das ist ja bei Geburtstagen auch so mit dieser großen Vorfreude.
00:12:50: Also meinst du, dass man mit Kindern vielleicht einfach nochmal auch, sagen wir weg to the
00:12:56: roots gehen sollte, also schon schauen wofür steht Weihnachten eigentlich?
00:13:00: Naja, auf jeden Fall, also wenn ich das feiere, dann sollte ich schon so ehrlich sein und überlegen,
00:13:06: was feiere ich da eigentlich gerade?
00:13:08: Ich bin ganz bei dir.
00:13:10: Was ist das Ritual dahinter?
00:13:12: Und auch zu entscheiden, will ich das denn überhaupt?
00:13:14: Es gibt ja eben genug Leute, die eigentlich, also wo man ja sagt, das ist so, und ich
00:13:18: zähle mich da ehrlich gesagt total dazu, ich feier Weihnachten, bin nicht mal getauft.
00:13:22: Ja, also das ist so, das ist halt ich liebe dieses Ritual.
00:13:26: Aber dann ist es auch für mich ehrlich gesagt nicht so stressig, weil ich mir denke, ja
00:13:29: gut, ich mache halt das, weil ich jetzt irgendwie da Lust drauf habe, dann einmal im Jahr mit
00:13:34: meiner Familie zusammen zu hocken, aber ist jetzt auch nicht so wichtig.
00:13:37: Also es hat dann nicht mehr diese unglaubliche Wichtigkeit, wenn ich mir eigentlich überlege,
00:13:41: wie sagt man, wie Gott ich da eigentlich bin.
00:13:45: Das ist ja total falsch eigentlich, was ich mache, aber ich mache es halt trotzdem und
00:13:49: dann ist es auch in Ordnung.
00:13:50: Das machen ja viele so.
00:13:51: Also das muss man einfach sagen, wenn man jetzt, also es ist ein katholisches Fest,
00:13:57: oder ein, ne ein christliches Fest.
00:13:59: Ein christliches, genau.
00:14:00: Ein christliches, stimmt, die Evangelischen sind auch dabei.
00:14:02: Aber die werden ja, das müssen wir einfach so sagen, ja immer weniger in der Welt und
00:14:07: trotzdem feiern wir alle fleißig weiter Weihnachten.
00:14:10: Gut, denn lassen wir es einfach mal, wir gehen weg von dem christlichen, aber trotzdem
00:14:14: wir wollen eine besinnliche Zeit.
00:14:16: Ich verstehe schon, ja.
00:14:17: Also eine besinnliche Weihnachts, wir nennen es eine besinnliche Dezemberzeit.
00:14:21: Aber es ist ja so, wir sagen ja alle dazu, Adventskalender Advents Franz, es wird natürlich
00:14:25: mega im kapitalistischen System ausgeschlachtet, dafür ist es ja da dann noch, also das ist
00:14:32: glaube ich der einzige Grund, warum überhaupt noch Weihnachten gefeiert wird.
00:14:35: Gut, aber da zählen wir dann auch Ostern dazu und den Wallenscheams Talk und ja, klar,
00:14:41: Halloween jetzt und so weiter, genau, das wird alles, wird alles ungewittmet und mit
00:14:46: neuen Erwartungen belegt, wenn man so möchte.
00:14:49: Sehr schön, das ist ein ganz anderer Aspekt, aber lass uns nochmal einfach auf diese Besinnlichkeit
00:14:53: in der Weihnachtszeit kommen.
00:14:55: Natürlich.
00:14:56: Als Single oder als Alleinstehende, ja, also Alleinstehend auch vielleicht als, als Verwittwette
00:15:01: oder Verwittwetter, wie schaffe ich es, dieses Weihnachten hat ja doch was Familie und alle
00:15:09: zusammen und alle haben sich lieb und man macht immer das Adventskalender und jetzt bin ich
00:15:13: alleine.
00:15:14: Wie bleibe ich da ungestresst oder wie bleibe ich in der Resilienz?
00:15:20: Ja, ich glaube, der Punkt ist ja, dass dann dieses Gefühl von Alleinsein vielleicht stärker
00:15:27: wird und vor allem dann das ungute Gefühl der Einsamkeit aufkommen kann.
00:15:32: Also Alleinsein an sich ist ja noch nicht negativ belegt, das ist einfach nur ein Fakt, aber
00:15:37: dieses "Ich fühle mich einsam", ist wirklich nicht günstig.
00:15:40: Also da wissen wir ja auch, wenn Menschen, die sich längerfristig einsam fühlen, haben
00:15:45: ein höheres Risiko, zum Beispiel eine Depression zu entwickeln und damit gibt es natürlich
00:15:48: gefährdete Gruppen, wie du gesagt hast, Alleinstehende und vor allem vielleicht eben, wie du gesagt
00:15:54: hast, verwittwitte Menschen, die ja auch noch die Erinnerung ans Vorjahr oder vor zehn
00:15:58: Jahren hatten, wo sie eben noch gemeinsam mit ihrer Partnerin, ihrem Partner gefeiert haben.
00:16:03: Also ich glaube, da ist es nochmal besonders schwierig und da kommt oftmals auch so ein
00:16:07: ganz tiefer Trauerpunkt, weil einfach so ein Verlust nochmal krasser spürbar wird und
00:16:13: dass es nochmal denke ich zu unterscheiden von jetzt jemandem, der halt allein stehend
00:16:17: ist und gerade kein Partner hat.
00:16:20: Also für diejenigen, egal wie die alleine sind und aber sich wünschen würden, mit anderen
00:16:25: zusammen zu sein, es ist ja nicht so, dass das alle wünschen, aber für diejenigen, sie
00:16:28: sich das wünschen würden, ist natürlich hilfreich sich schon frühzeitig zu überlegen, wie werde
00:16:33: ich Weihnachten gestalten, manche fahren dann weg und sagen, ich bin ganz woanders, dann
00:16:38: werde ich nicht so dran erinnert, dann bin ich irgendwie, also dass ich dann so alleine
00:16:41: bin, dann fahre ich, fliege ich irgendwie in Süden, also die Möglichkeit haben und habe
00:16:45: gar nicht so das Gefühl, das hier so zu verpassen, wie das bei uns halt dann auch von dem, ja
00:16:49: von der Umgebung ist und andere sagen, ich such mir Menschen, die auch allein stehen sind
00:16:54: und feiere mit denen zusammen, weil es gibt ja sehr viele Alleinstehende und es gibt immer
00:16:59: mehr, also zumindest jetzt in, also ich komme ja in München und in München, das Katastrophe
00:17:04: kann ich jetzt sprechen, gibt es sehr, sehr viele Singles und sehr, sehr viele, die in
00:17:08: freundschaftlichen Konstellationen zusammen feiern.
00:17:11: Also ich habe einige Freunde, die überhaupt nicht mit der Familie feiern oder mit Partnern,
00:17:15: sondern die einfach mit Freunden, ein Freundesabend machen.
00:17:18: Also dass man es auch ein bisschen breiter denkt und auch überlegt schon im Vorfeld,
00:17:22: was kann ich tun, damit ich mich dann möglichst nicht einsam fühle und ganz ehrlich, der
00:17:27: Tag geht auch vorbei.
00:17:28: Also das ist auch immer noch eine gute Strategie, sich zu überlegen, es ist dann mein Gott,
00:17:32: dann sind es drei Tage, an denen ich einsam mich vielleicht fühle, dann ist es auch wieder
00:17:37: durch und ich kenne auch Verwittwitte in meinem Umfeld und die sagen ja, dann ist es halt
00:17:42: doof, aber dann ist es auch wieder weg.
00:17:44: Und übrigens gibt es ja auch in den Städten meistens Angebote, also da gibt es dann Feiern
00:17:49: und gemeinsame Abendessen in Restaurants, also man muss nicht alleine zu Hause sitzen,
00:17:54: wenn man das nicht möchte.
00:17:55: Ich würde da jetzt das Kinderlose-Paar einfach mal mit dazusetzen zu dem, was wir jetzt gerade
00:18:00: gesagt haben.
00:18:01: Ja, aber das fand ich spannend, dass du extra nach dem Kinderlose, ich bin ja ein Kinderloses-Paar,
00:18:05: was ist denn da so anders?
00:18:07: Das ist doch ähnlich wie wenn ich jetzt singel oder infreundschaftlich die Weihnachtszeit
00:18:14: verbringe oder nicht, erzähle mal von dir.
00:18:16: Naja, das ist ja meine Familie, ist halt dann mein Partner, mein Bruder, meine Eltern, also
00:18:22: ich bin ja deswegen nicht, ich habe ja deswegen kein anderes Weihnachten.
00:18:26: Also es ist, ich fühle mich jetzt deswegen ja nicht einsamer oder alleine oder es fehlt
00:18:30: ja nichts, also deswegen, das fand ich spannend.
00:18:32: Also ich feier dann zum Beispiel den 24. bei meiner, also bei meiner Kernfamilie, Mutter,
00:18:38: Vater, meinem Bruder, wir sitzen dann zu viert und haben zu vierten Abendessen und am 25.
00:18:43: bin ich allein mit meinem Mann und am 26. treffen wir uns dann nochmal zum Essen mit noch der
00:18:49: Schwiegerfamilie so.
00:18:50: Und also das ist, für mich ist das jetzt nicht weniger Weihnachten, nur weil ich keine eigenen
00:18:56: Kinder habe.
00:18:57: Interessant.
00:18:58: Was ich auch interessant finde, ist, dass du den 24. ohne Mann verbringst.
00:19:02: Genau, also genau, also das ist bei, ich weiß jetzt nicht, wie viele Jahre das noch so
00:19:07: ist, mein Bruder tatsächlich, der hat Kinder und die Kinder und seine Frau feiern bei den
00:19:13: Schwiegereltern und er feiert mit uns in der Kernfamilie.
00:19:17: Also man kann es ja auch anders denken, ich muss ja nicht immer in so vorgefertigten Konstellationen
00:19:22: sein, sondern dann fährt er halt, also es ist natürlich ein bisschen, kommt es drauf an,
00:19:27: wie weit wohnt man auseinander.
00:19:28: In unserem Fall ist das jetzt nicht so weit, dass man das gut fahren kann.
00:19:32: Aber warum nicht?
00:19:33: Also genau.
00:19:34: Ich finde das ganz interessant.
00:19:35: Also das ist vor allem, bietet es auch so, vielleicht auch eine Entstressung, um ganz
00:19:39: ehrlich zu sein.
00:19:40: Ja, ich kenne auch Menschen, die sehr gerne alleine Weihnachten verbringen und sagen,
00:19:44: das ist der entspannteste Abend, weil da weiß ich, alle sind irgendwie anderweitig beschäftigt.
00:19:49: Und ich kann in Ruhe zu Hause sitzen und das ruft auch keiner an, wenn ich nicht möchte.
00:19:54: Also das ist ja, das ist wieder das, was wir vorhin gesagt haben.
00:19:58: Es kommt auf die Erwartung drauf an.
00:19:59: Es kommt auf meine persönliche individuelle Bewertung drauf an und es ist nichts in Stein
00:20:04: gemeißelt, sondern es hängt nur davon ab, wie ich mir das vorstelle und was ich dann
00:20:08: für Defizite erlebe zwischen meiner Erwartung und der Realität.
00:20:12: Und wenn eben da ein großes Delta-Minus ist, dann sage ich so, oh, das ist jetzt aber schlimm,
00:20:17: dass ich alleine sitze und wenn ich sage, na ja toll, ich mein, Silvesterfeier, ich dann
00:20:20: wieder mit Freunden.
00:20:21: Ich finde zum Beispiel Silvester viel stressiger im Sinne des Alleinseins als Weihnachten.
00:20:26: Weihnachten könnte ich viel besser alleine sein als Silvester persönlich einfach so
00:20:30: vom Gefühl her.
00:20:31: Also insofern, es ist einfach meine persönliche individuelle Bewertung.
00:20:35: Und auch, wie ich eben damit umgehe mit diesem Gesellschaftsdruck.
00:20:40: Richtig.
00:20:41: Ja, interessant.
00:20:42: Kannst du uns noch was sagen zu Senioren, ältere Menschen, wie die entstress durch die Weihnachtstag
00:20:49: gekommen?
00:20:50: Ja.
00:20:51: Also dieses grundsätzliche Entstressen ist ja eigentlich, dass ich mir nicht zu viel
00:20:56: oder nicht genau nicht das falsche für diese Zeit vornehme.
00:21:00: Also dass ich das realistisch einplane.
00:21:02: Und der Stress, der kommt ja glaube ich in diesen Gruppen, über die wir jetzt auch gesprochen
00:21:06: haben, eher durch dieses Alleinsein und was mache ich dann mit mir?
00:21:09: Wie fange ich das auf?
00:21:10: Oder vielleicht auch dieses "Es wird von mir erwartet" als Oma, wenn wir jetzt von Senioren
00:21:14: sprechen, dann für die ganze Familie zu kochen, dann sollen wie die letzten 20 Jahre, sollen
00:21:20: alle Familien mit dir zu mir kommen und ich muss dann das perfekte 25.
00:21:24: Dezember Weihnachtsmenü kochen, aber ich kann es vielleicht einfach nicht mehr oder ich
00:21:28: will es vielleicht einfach nicht mehr.
00:21:30: Und auch da ist es ja dann wieder eine Selbstverantwortung zu sagen, Leute ich würde es gerne, aber es
00:21:35: geht nicht mehr, ich möchte nicht mehr, ich kann nicht mehr.
00:21:37: Und dann kann man ja auch die Frage stellen, welche Ideen habt ihr denn, wie wir das Weihnachtsfest
00:21:43: gestalten können, vielleicht ein bisschen anders gestalten können.
00:21:46: Und dann geht es nicht darum zu sagen, dann feiern wir bei dir und direktiv zu sagen,
00:21:50: dann machen wir es jetzt so, sondern eher wir können doch alle ins Boot holen, also Kommunikation
00:21:54: und fragen, was sind denn eure Wünsche, was sind eure Erwartungen, wie können wir es
00:21:58: dann machen.
00:21:59: Und weil aber dieses Thema so emotional aufgeladen ist aus Gründen, die ich jetzt tatsächlich
00:22:03: einfach nicht beantworten kann, ist es oft so, dass man dann ganz schnell in so Dokmatismen
00:22:09: kommt und sagt, nein, also Weihnachten muss für mich so sein, nur dann ist es Weihnachten.
00:22:13: Und da sich ein bisschen aufzuweichen und auch zu sagen, na ja, eben wie vorgesagt, worauf
00:22:19: kommt es denn an, wie können wir denn verhandeln, ist es denn in Ordnung, wenn wir anstelle
00:22:23: zu Hause zu kochen, dann essen gehen oder wenn ich nicht mehr alles alleine schaffe,
00:22:28: können wir vielleicht das aufteilen, dass was weiß ich, Vorspeise, Nachspeise mitgebracht
00:22:32: wird oder können wir uns einfach auf Würstchen mit Kartoffelsalat einigen.
00:22:35: Was auch durchaus gut schmeckt.
00:22:37: Eben oder was anderes, ja.
00:22:39: Und warum muss es immer, also genau, es muss nicht.
00:22:43: Es gibt da keine Verpflichtung, es wird auch nicht am Ende kontrolliert.
00:22:47: Der liebe Gott sitzt sicher nicht oben im Himmel und schaut, dann haben die richtig Weihnachten
00:22:50: gefeiert, sondern es ist unsere freie Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeit, diese Zeit auch die
00:22:55: Adventszeit zu verbringen.
00:22:58: Ja, ich denke, es ist auch wie feiert man richtig Weihnachten-Fragezeichen, also das ist ja,
00:23:02: es ist ja nichts in Stein gemeißelt, wie du das gesagt hast.
00:23:05: Nein, wirklich nicht.
00:23:07: Dieser Stress, den wir in der Vorweihnachtszeit haben, in der Adventszeit oder auch an Weihnachten
00:23:13: gehen da Männer und Frauen anders mit um.
00:23:16: Also wir haben jetzt sehr viel über Kommunikation gesprochen und ich kommuniziere, was meine
00:23:19: Erwartung ist, das schreibe ich jetzt eher den Frauen zu.
00:23:23: Wie siehst du das?
00:23:25: Also ich denke, dass es da jetzt keine, also ich habe jetzt keine Daten dazu gefunden,
00:23:31: die das jetzt belegen könnten, ob da ein anderer Umgang ist.
00:23:34: Ich glaube insgesamt ist natürlich dieses Caring und zu Hause schön zu machen und zu
00:23:38: dekorieren und zu gucken, dass dann das Essen schön auf dem Tisch ist.
00:23:41: ist eher tendenziell, ich würde jetzt mal sagen, der weibliche Part, um natürlich alle Klischees
00:23:45: zu bedienen. Es gibt sicher auch Männer, die das durchaus sehen. Und ich könnte mir vorstellen,
00:23:50: das ist aber jetzt eher Lebenserfahrung, Erfahrung aus meinem Umfeld, dass das es den Frauen dadurch
00:23:56: auch ein bisschen wichtiger ist und die Erwartungen dadurch ein bisschen höher sind, dieses "Esteu cosi"
00:24:00: sein. Es soll schön sein. An diesem Tag sollen alle zusammenkommen, friedlich, harmonisch. Und Männer
00:24:05: tendenziell vielleicht sagen, Mai, ja, also ist halt ein Tag. Die sehen das schon wieder vorbei. Und ich
00:24:13: glaube, die haben da zumindest jetzt was so ein bisschen meine Beobachtung. Es haben da so ein
00:24:17: bisschen eine höhere Flexibilität. Aber ich kenne auch Menschen in meinem Umfeld, Männer in meinem
00:24:22: Umfeld, die da sehr regide sind und sagen, für mich ist Weihnachten nur dann Weihnachten, wenn wir
00:24:26: das und das gegessen haben. Oder dieser Baum da steht. Und da muss ich davor in Wald den Fällen
00:24:32: und holen und aufstellen und schmücken. Und dann ist das unser Ritual, unser Familienritual. Und wie
00:24:37: gesagt, so Rituale sind ja nicht falsch. Aber es ist genau, wie du sagst, der Punkt ist, wenn es
00:24:42: dann zu einer Verpflichtung wird, die dann zu Stress ausartet, weil es vielleicht einfach mit den
00:24:47: täglichen Anforderungen nicht mehr stemmbar ist, dann wird es problematisch. Und jetzt kann man sich
00:24:52: die Frage stellen, lasse ich etwas vom Weihnachtsritual weg oder lasse ich etwas von den anderen
00:24:58: Verpflichtungen in meinem Leben weg. Das kann ich ja auch selbst steuern. Wenn mir Weihnachten so
00:25:02: wichtig ist und es so wichtig ist zu dekorieren, muss ich mich entscheiden und muss ich sagen,
00:25:06: okay, dann dekoriere ich. Aber dafür gehe ich dann vielleicht auf eine Weihnachtsfeier weniger oder
00:25:12: mache für den Kindergarten nicht auch noch den Baumschmuck und bastel da und stehe auf dem
00:25:16: Weihnachtsbasar, sondern ich muss mich dann entscheiden. Und das muss ich ja eigentlich das
00:25:19: ganze Jahr, Zeitmanagement oder ja, wie auch immer vernünftige Einordnung von Tätigkeiten in meine
00:25:26: verfügbare Zeit und Energie. Und das kann ich aber frei wählen. Ja, und natürlich, das muss man
00:25:32: jetzt schon auch sagen, kommt dazu, dass doch Jahresende in den Unternehmen, in vielen Unternehmen
00:25:37: oft meist wirklich die stressigste Zeit ist. Also das ist genau und da kommen wir ja eben, kommen
00:25:42: dann diese, genau diese, eigentlich diese Unmöglichkeiten aufeinander, die also ich will, die
00:25:46: Besinnlichkeit, das ist aber unmöglich, weil es die stressigste Zeit des Jahres ist, allein schon
00:25:51: aufgrund der beruflichen Situation bei sehr vielen Menschen oder eben Schul-Situationen oder so
00:25:57: weit. Also deswegen dann dieses, na ja, ich kann nicht alles haben, es ist nicht möglich, also muss
00:26:01: ich mich für irgendwas entscheiden. Du hast gerade über Verpflichtungen gesprochen, da kommen
00:26:07: wir zu Geschenken und Konsumdruck. Wir haben es ja gerade schon angesprochen, Weihnachten im
00:26:11: ursprünglichen Sinne gibt es so selten, oder selten leere, aber trotzdem schenkt sich jeder was
00:26:19: und Schenken sollte eigentlich was Schönes sein, aber dennoch ist es total stressig. Ich muss
00:26:25: noch das holen und das und wer will denn und was soll ich dem schenken. Warum führt es zu so viel
00:26:30: Stress? Bin ich wieder selber schuld, oder? Also genau diese warum Fragen, die führen natürlich
00:26:37: immer so nach hinten gerichtet in die Kausalität und dann eben in diese Schuldfrage. Deswegen finde
00:26:43: ich die Frage schöner, wofür machen wir das denn eigentlich mit dem Schenken? Und wenn wir uns überlegen,
00:26:48: wofür wollen wir eigentlich schenken, dann kommen wir vielleicht auch wieder zu dem Ursprung
00:26:53: zurück, also auch wieder zu der Frage, welches Bedürfnis steht dahinter. Nicht nur weil alle
00:26:56: schenken und weil man das halt macht und ich gar nicht mehr weiß, warum mache ich das eigentlich,
00:27:00: sondern eher so dieses wofür möchte ich es denn tun. Und wenn ich eben dieses selbstbestimmte
00:27:06: habe, wofür möchte ich es tun, dann fällt mir das auch leichter, zum Beispiel jemandem zu sagen,
00:27:10: weißt du, ich habe jetzt tatsächlich nicht genau das passende Geschenk für dich gefunden, aber mir
00:27:16: fällt bestimmt im Laufe des Jahres irgendwas ein, was dir eine Freude bereiten würde. Und dann
00:27:20: muss das nicht an diesem Tag sein beispielsweise. Oder ich kenne Leute, die sagen, ich gucke das ganze
00:27:26: Jahr über, was könnte jemandem gefallen? Und ich hatte eine Freundin, die hat dann einfach im
00:27:32: Februar schon die Weihnachtsgeschenke für die Freunde gekauft, wenn ihr im Februar halt irgendwas
00:27:36: über den Weg gelaufen ist, wo sie gesagt hat, ah, das glaube ich könnte XY gefallen. Und das
00:27:42: glaube ich ist eigentlich, dass es geht darum an jemanden zu denken, es geht darum zu überlegen,
00:27:46: was würde dem eine Freude bereiten. Und wenn ich jetzt die Socken ausverlegen halt kaufe oder die
00:27:52: Krawatte, weil mir nichts Besseres einfällt, dann kann ich das natürlich machen, aber ja, muss dann
00:27:58: ja eigentlich nicht sein. Und es gibt auch Familien, die sagen, wir schenken uns nichts. Und dann ist,
00:28:04: das ist zum Beispiel unsere Familie, das Problem ist dann nur, dass dann natürlich trotz
00:28:08: Geschenke da sind und zwar viele. Also wir schenken uns nichts und dann ist doch wieder
00:28:15: unendlich viel unter diesem Weihnachtsbaum. Und ich weiß es nicht, ob die Geschenke mehr werden
00:28:20: oder der Weihnachtsbaum kleiner, aber es ist auf jeden Fall voluminös und man denkt sich so
00:28:23: hinter toll, das hat ja wieder gut funktioniert. Und dann könnte es da auch Streit geben, dass
00:28:27: dann meine Eltern zum Beispiel sagen, der eine dem anderen, wir haben gesagt, wir schenken uns
00:28:31: nichts und jetzt kommt er wieder. Ich bin sauer, wenn du mir was schenkst. Und das Thema, das habe ich
00:28:36: auch tatsächlich auch in einem als Beispiel in einem in dem letzten vorletzten Buch, was ich
00:28:42: geschrieben habe mit der Claudia Push, das selbst bestimmt aufgegriffen, weil da war das nämlich
00:28:45: genauso. Da war eine Klientin bei mir und die hat mir dann erzählt, dass sie etwas geschenkt
00:28:51: bekommen hat, obwohl sie eigentlich sich ausgemacht hatte mit ihrem Partner, dass sie sich nicht
00:28:55: schenken. Und dann ging es darum, die innere Freiheit zu gewähren dem anderen und sich selbst
00:29:00: erstens die Freiheit der andere darf, aber wenn er möchte, es ist ja seine Entscheidung. Und selbst
00:29:05: wenn wir es ausgemacht haben und er sich darüber hinweggesetzt haben, er hatte ja die Freiheit,
00:29:09: das für sich zu entscheiden. Und ich kann die Freiheit haben, auch dann ein Geschenk anzunehmen,
00:29:14: wenn ich keinen Gegengeschenk habe. Ich habe die Freiheit zu entscheiden, ob ich schenke oder
00:29:18: nicht. Also, dass wir da auch wieder mehr bei uns bleiben, als immer nur an den anderen zu denken
00:29:23: und darüber dann den Streit zu entwickeln. Und die Enttäuschung, das hatte ich noch nicht so
00:29:27: genau erwähnt, aber wichtiger Punkt ist, die Enttäuschung kommt ja so oder so. Weil, also,
00:29:33: das ist ja oftmals die Befürchtung, ich will nicht die Erwartung enttäusch... Ich will die
00:29:37: Erwartung erfüllen, damit der andere da nicht enttäuscht ist. Ich will was schönes schenken,
00:29:40: damit der andere da nicht enttäuscht ist. Aber die Enttäuschung kommt ja eh, weil erstens treffen
00:29:44: wir ganz oft nicht den Geschmack des anderen oder wir machen das falsche oder wie auch immer. Also,
00:29:49: die Enttäuschung ist vorprogrammiert, die ist auch nicht schlimm. Das muss man aushalten und das
00:29:54: können alle Menschen aushalten. Da geht es ja nicht um Leben und Tod. Also, sich die Freiheit zu nehmen
00:29:59: und mit zu in Kauf zu nehmen, dass man selbst enttäuscht sein wird, dass andere enttäuscht
00:30:04: sein werden, lässt sich ja gar nicht verhindern. Also, bei mir ist es so, wenn wir ausmachen,
00:30:10: wir schenken uns nichts. Natürlich machen wir das auch öfters aus. In mir löst das immer
00:30:13: ein wahnsinnig Stress aus, wenn ich wirklich nichts habe, aber etwas geschenkt bekomme.
00:30:20: Heißt das dann einfach aushalten oder hast du da irgendwie einen konkreten Tipp? Also,
00:30:25: es ist wirklich für mich, manchmal mache ich so, dass ich was im Auto habe, dass wenn
00:30:30: ihr jemand dann was schenkt, dann gehe ich zum Auto und sage, guck mal, ich habe auch was,
00:30:33: weil das in mir so Stress auslöst, dass ich nichts habe. Ja, das ist ein bisschen, wenn
00:30:39: wir es übertragen, wie das mit den Komplimenten. Also, wenn dir jemand ein Kompliment macht und
00:30:43: sagt, Mensch, ich finde, dass du eine ganz starke, tolle Persönlichkeit hast und du würdest sagen,
00:30:49: ach nee, passt schon oder du würdest sagen, danke, aber du ja auch und du bist ja noch viel
00:30:55: toller als ich, dann ist es dieser Mechanismus und eigentlich würde für Selbstwertgefühl
00:31:00: sprechen, dass ich etwas annehmen kann. Wenn der andere das ernst meint, dann nehme ich das an
00:31:06: und ich muss ja deswegen nicht sofort was zurückgeben. Also, ich kann es ja auch einfach
00:31:11: stehen lassen und in anderen, ehrlich gesagt, würde das manchmal wahnsinnig freuen, wenn
00:31:15: man nicht irgendwie ein Kompliment oder ein Geschenk abgewiegelt bekäme oder so. Also, wenn
00:31:19: ich, und das wirst du wahrscheinlich auch so empfinden, dass wenn du jemandem ehrlich sagen
00:31:23: möchtest, du, ich freue mich, ich finde das toll, wie du bist oder ich habe da ein Geschenk,
00:31:27: ich möchte das wirklich aus Herzen, möchte ich dir das schenken und der sagt dann so,
00:31:31: nee, nehm ich nicht an, weil es ja, nein, passt schon oder erwarte, ja, danke, aber ich habe
00:31:37: jetzt auch was für dich, das schmälert ja eigentlich das Kompliment oder das Geschenk.
00:31:41: Und deswegen wieder die Frage nach dem, was steht dahinter, wofür mache ich das? Also,
00:31:46: wenn es ein Ausgleich sein soll für, wir schenken uns exakt denselben Wert, also wenn es um Geld geht,
00:31:51: dann ist es natürlich was anderes, aber wenn es um die Bedeutung geht, dann müsste man selber,
00:31:59: wie du gesagt hast, aushalten, aber vor allem mit dem im Kopf haben, ich mache dem anderen ja auch
00:32:04: eine Freude, wenn ich das freudig annehme und auch aushalte es anzunehmen, ohne sofort zu,
00:32:10: ja, wieder zu eigentlich damit aufzuwiegeln oder kleiner zu machen.
00:32:13: Genau, ist eine Wertschätzung, also es macht quasi das Geschenk größer, oder?
00:32:17: Wenn ich es annehmen kann und dem anderen sagen, kann ich freue mich darüber, ja,
00:32:20: ich finde es noch schwieriger, wenn man Geschenke bekommt, die man wirklich doof findet und dann
00:32:24: ehrlich zu sagen, oh, das finde ich schwierig, das kann ich auch noch nicht wirklich.
00:32:29: Da muss ich glaube ich auch immer noch ein bisschen so not lügen oder so.
00:32:34: Ich habe es schon ein paar Mal gemacht, aber da hat mir derjenige vorher gesagt,
00:32:37: ich soll sagen, wenn es nicht gut ist, aber es ist trotzdem immer einig.
00:32:40: Ja, da bin ich auch zu harmoniebedürftig, als dass ich das gut könnte, das muss ich auch noch lernen.
00:32:46: Also was heißt "muss ich lernen", aber das würde mir mehr Freiheit geben und ehrlicher sein.
00:32:50: Wenn man es genau überlegt, ist es doch ehrlicher dem anderen zu sagen,
00:32:54: du vielen Dank, dass du dran gedacht hast und dass du die Mühe gemacht hast, was auszusuchen,
00:32:58: das darum geht es ja. Aber irgendwie hat das Buch, "Wer dich nie lesen,
00:33:04: magst du es nicht jemand anderem schenken". Ich kenne Leute, die das gut können und ich
00:33:08: bewundere das sehr, weil ich denke, das zeigt echte Authentizität und Stärke oder Ehrlichkeit.
00:33:14: Selbststärke mein ich, Selbstwert. Sehr interessant, also ich finde das sehr interessant.
00:33:20: Lass uns, wir haben es vorhin schon angesprochen, aber lass uns noch mal ganz kurz, bevor wir zu uns
00:33:28: selbst kommen, von außen auf diese besinnliche Situationen schauen und an die Erwartungen
00:33:36: und vor allem auch von außen auf unsere Resilienz. Warum an Feiertagen? Warum treten da die Konflikte
00:33:45: einfach stärker auf? Ja, weil eben Erwartungen kollidieren können. Also das sind, die stehen ja
00:33:54: manchmal entstehen die Erwartungen aus Wertepvorstellungen. Also mir ist etwas sehr, sehr wichtig,
00:34:00: hat eine große Bedeutsamkeit für mich. Das wäre ja zum Beispiel auch im Sinne des Resilienzfaktors
00:34:06: Werte und Sinnorientierung oder Bedeutsamkeit, aus der sich dann Sinn ergibt. Und das steht dann
00:34:13: sehr stark vielleicht im Kontrast zu anderen. Also jetzt ein ganz kleines Beispiel, ich habe die
00:34:19: Erwartung, also aus dem Leben, ich weiß da war ich ein Kind, da war ich mal bei der einen Großeltern-Familie
00:34:25: Seite. Also die anderen Großeltern übrigens haben über immer alleine Weihnachten gefeiert, haben
00:34:29: gesagt den Stress wollen wir gar nicht, macht ihr das alleine, wir machen es alleine und wir treffen
00:34:32: uns dann im Restaurant am nächsten Tag. Aber die andere Familie, die wollte das immer so in
00:34:36: klassischer Weise Großfamilie und dann gab es diese Situation, dass ein Fisch gekocht wurde und dann
00:34:42: sagt die eine Tante, das ist völlig falsch, der Fisch darf nicht in der Soße serviert werden.
00:34:48: Und die andere Tante sagt, der Fisch muss in der Soße serviert werden. Und so kommen eben so
00:34:52: klare Erwartungen und Vorstellungen im Sinne meines Wertes, das ist natürlich jetzt ein banales
00:34:58: Beispiel, aber es hat zu einem ausgewachsenen Streit geführt und ich glaube, das sind nicht die
00:35:02: einzige Familie, wo sowas passieren konnte. Und das ist genau dieser Clash of Erwartungen und Werten,
00:35:07: die sich also die Werte, die aus diesen Werten aus denen sich dann eben diese Erwartungen
00:35:12: generieren. Und weil wir so präzise Vorstellungen haben, wie es abzulaufen hat, sind wir dann so
00:35:20: starre und können dann auch schlecht dem anderen sagen, na gut, dann ist es halt anders, ist doch
00:35:26: egal. Aber wir verknüpfen eben so viel damit und wir laden das emotional so stark auf.
00:35:31: Und da wiederum kann ich dir nicht sagen, warum, weil es halt irgendwie so kulturell
00:35:37: überliefert ist und so stark geprägt ist, dass wir dann sagen, es muss so sein. Und das macht
00:35:42: diese hohe Konflikte, diese hohe Potenzial für Konflikte. Hast du dann einen ganz konkreten
00:35:48: Tipp, was ich in so einer Situation machen kann? Weil die wird wahrscheinlich auf die meisten von
00:35:52: uns wieder irgendwann in den Weihnachtsfeiertagen zukommen. Was kann ich machen? Soll ich raus
00:35:56: aus dem Zimmer gehen? Soll ich sagen, stopp hier, wir machen jetzt das. Also gibt es da irgendetwas,
00:36:01: was ich praktisch tun kann. Ja, also erstmal bei sich selbst anzufangen und zu überlegen,
00:36:06: will ich jetzt überhaupt auch selber, weil wir tragen da ja alle dazu bei, will ich da jetzt
00:36:10: mit meinem über, es sind ja überzogene Erwartungen, überhöhte Erwartungen, will ich mit meinen
00:36:14: überhöhten Erwartungen in dieses Familien treffen gehen beispielsweise oder kann ich davor
00:36:20: schon ein bisschen regulierend für mich selbst eingreifen und sagen, ja, es ist ein Tag wie ein
00:36:24: anderer, es ist halt ein Tag, an dem wir zusammen sind. Und selbst wenn der jetzt nicht 100 Prozent
00:36:29: zu stattfindet, wie ich mir das wünschen würde, da geht die Welt nicht davon unter. Also dass ich
00:36:33: davor schon so eine innere Flexibilität aufmache und sage, es muss nicht so sein, es darf so
00:36:39: sein, ich freue mich, wenn es so ist, aber wenn es anders läuft, ist es auch in Ordnung. Und dann
00:36:43: kann ich vielleicht als selbst als Individuum über so ein, so ein, den Fisch in der Soße oder nicht
00:36:48: in der Soße auch anders hinwegziehen und sage, mein Gott, dann ist er halt in der Soße, was solls,
00:36:51: ja, ist ja nicht so wichtig. Und wenn ich jetzt so, wenn ich so ein Konflikt mitbekomme, dann ist es
00:36:57: natürlich auch wieder die Frage, also wie gehe ich da als Tritter mit? Also wenn ich quasi der
00:37:01: Beobachter bin und da zusitze, ich kann jetzt eskalieren, indem ich reinschreihe und sage,
00:37:06: das ist doch nicht so wichtig, jetzt lass es doch mal bleiben und ihr macht schon wieder Weihnachten
00:37:10: kaputt, damit eskaliere ich. Oder ich würde sagen, ist jetzt nicht so schlimm, kommen wir setzen uns
00:37:16: jetzt alle und jetzt genießen wir den Fisch, ist doch alles in Ordnung so zum Beispiel, also dass
00:37:20: man so ein bisschen runter reguliert. Und natürlich, wenn man merkt, das geht gar nicht, man kann auch
00:37:24: nicht beruhigend eingreifen, kann man natürlich auch sagen, komm, lass uns doch mal kurz, also wenn
00:37:29: da halt, wenn man so merkt, wo es gerade so ein bisschen härter wird und sagt, komm, lass uns doch
00:37:33: mal kurz rausgehen, lass uns doch mal ein kleines Weinchen in der Küche trinken und so, dass man
00:37:37: versucht, da ein bisschen Distanz herzustellen und dann sagt, komm jetzt, ein Schluck Wein, atmen wir
00:37:41: mal kurz durch und dann können wir auch wieder zurückgehen. Also ich glaube, es ist wichtig da so
00:37:45: ein Bruch reinzubringen und nicht auch noch Feuer ins Öl, ins Feuer zu kippen. Also das und dafür hilft
00:37:51: es, dass man selber in einer Ruhe und Gelassenheit und vielleicht genau in dieser Besinnlichkeit,
00:37:55: die man sich ja eigentlich wünschen würde, auch in diese Begegnungen geht. Und das kann ich
00:38:00: selbst regulieren, also dass ich davor durch atme, dass ich mir davor überlege, ah, wie komme ich
00:38:04: runter und was geht es eigentlich und was geht es auch nicht. Ja, ich habe gerade total das Bild vor
00:38:10: Augen, also häufig gibt es ja auch diese Konflikte zwischen ältere Generationen und den Kindern.
00:38:15: Ja, also die älteren, wohl ja, von der Bibel lesen und dann wollen sie noch singen und dann müssen
00:38:20: wir noch die, das Jesus Kindchen in die Krippe legen. Da ist ja wieder dieses traditionelle
00:38:24: Weihnachten und die Kinder eher auch Geschenke, Geschenke, ja. Und können es gar nicht erwarten
00:38:29: und du als Mutter, als ich jetzt von mir aus bei uns ist das so, ich stehe dazwischen und denke mir,
00:38:33: oh mein Gott, alles klar. Das heißt, ich muss wirklich in meiner Widerstandsfähigkeit da sein,
00:38:40: ich muss mir vorher sagen, so wird es sein und atmet tief durch und versuche dann eben aus der
00:38:45: Situation irgendjemand rauszunehmen, ob das jetzt die Oma ist oder das Kind. Ja, oder du
00:38:50: überlegst dir, wie können wir den Ablauf denn so gestalten, dass alle auf ihre Kosten kommen. Also
00:38:56: das, das ist natürlich, du brauchst eine Widerstandsfähigkeit, aber eigentlich brauchst du und
00:39:00: das ist ja ein Teil der Resilienz der Widerstandsfähigkeit, es ist eine situationsspezifische
00:39:04: Flexibilität. Also, dass wir eben nicht sagen, das ist ja diese starreheit, die uns eigentlich
00:39:10: Stress macht und auch Energie kostet, können wir über Weihnachten auf alle Lebensbereiche
00:39:14: übertragen, sondern dieses Flexibel. Jetzt haben wir eine andere Situation als vor zehn Jahren,
00:39:18: jetzt gibt es da einfach kleine Kinder oder Kinder, die wollen ihr Geschenke. Also könnte man denn
00:39:22: nicht auch das Prozedere umdrehen, dass die Kinder erst die Geschenke bekommen und dann,
00:39:26: dass Jesus Kind in die Krippe gelegt wird. Also, dass man dieses dogmatische Starre rausnimmt und
00:39:32: überlegt, wie können wir denn allen Beteiligten ihre Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen zumindest
00:39:38: antheilig erfüllen und gleichzeitig das so zu erhalten, dass wir auch nächstes Jahr wieder
00:39:45: zusammen feiern wollen, weil irgendwann ist dann der Punkt, wo man vielleicht sagt, ja, es geht
00:39:48: nicht mehr. Das stimmt, ja. Da sind wir schon beim letzten Punkt, den ich so ansprechen wollte,
00:39:54: selbst für Sorge und Grenzen setzen. Wir haben jetzt viel darüber auch gesprochen, dass wir
00:40:01: regulieren, also gerade unser Beispiel von jetzt, als Mutter regulierst du dann vielleicht und setzt
00:40:06: alles um, damit die ältere, mit der jüngeren Generation zurechtkommt. Welche Rolle spielt
00:40:12: dann selbst für Sorge während der Feiertage nur für mich? Das ist sehr, sehr große. Ja,
00:40:16: also selbst für Sorge würde ja auch bedeuten, dass ich gut für mich Sorge, indem ich zum Beispiel
00:40:20: nicht alles selbst organisiere und schau, wie kann ich den Konflikt lösen, sondern dass ich das
00:40:25: Wort ergreife, selbst Verantwortung übernehme und sage, Leute, wir haben ja die Situation,
00:40:31: was habt ihr denn für Ideen, wie wir das Problem lösen können? Also, wir ziehen uns ja gerne,
00:40:36: schuhe an, die gar nicht uns gehören und das ist, glaube ich, gerade vielleicht wirklich ein
00:40:40: bisschen genderspezifisch, dass das sehr gerne Frauen machen, dass sie Verantwortung für Dinge
00:40:44: übernehmen, für die sie gar keine Verantwortung haben. Da gibt es ja diesen schönen Spruch,
00:40:48: dieses "my circus, my monkeys, not my circus, not my monkeys". Also, ist es denn meine
00:40:54: Verantwortung, meine Aufgabe, muss ich mich denn um diesen Zirkus kümmern? Ist es denn mein Zirkus
00:40:58: sind's, meine Affen? Okay, es ist deine Familie, eure Familie wie auch immer, aber es ist trotzdem
00:41:03: nicht immer, also man muss sich das nicht immer als individuelle Verantwortung zu schreiben,
00:41:06: ich bin dafür verantwortlich, dass Weihnachten schön wird. Nee, jeder trägt dazu bei und jeder
00:41:11: muss auch dazu beitragen, weil ich alleine kann es gar nicht regulieren und steuern und allein das,
00:41:16: glaube ich, ist ein wirklich, wirklich hilfreicher Punkt im Sinne der Selbstfürsorge, dass ich gut
00:41:21: für mich sorge, indem ich eben kläre, wo liegt welche Verantwortung, wo habe ich Einfluss und
00:41:26: wo habe ich ja gar keinen Einfluss darauf und dass ich diese Verantwortung dann auch abgebe und da
00:41:31: lasse, wo sie ist und eben auch verstehe. Ich kann die Erwartungen der anderen gar nicht voll
00:41:37: umfänglich erfüllen, ich bin nicht für das Glück der anderen zuständig, da muss schon jeder für
00:41:41: sich selbst sorgen, ich kann eine Art Boden bereiten, ich kann dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen
00:41:47: einigermaßen stimmig sind, aber den Rest muss jeder selber beitragen, sowohl Kinder als auch
00:41:52: Erwachsene als auch Senioren. Und das glaube ich ist schon mal sehr hilfreich, weil dann kann ich
00:41:56: nämlich auch sagen, Leute, ich bin jetzt mal eine Stunde weg, macht ihr mal, weil ich da nicht voll
00:42:02: umfänglich für alle jede Minute zuständig bin. Und dann kann ich sagen, ich gehe jetzt mal eine
00:42:06: Runde spazieren, ich mache jetzt mal einen besinnlichen Weihnachtsspaziergang und mach ihr doch mal,
00:42:09: spielt ihr mit euren Geschenken, legt ihr das Jesuskind in die Krippe, lest ihr euch noch ein
00:42:13: bisschen aus der Bibel vor, ich mache jetzt mal grad nix. Ja und trotzdem in Ordnung. Und dann hat
00:42:19: jeder so seine Bedürfnisse befriedigt und wenn dann jemand sauer ist und sagt, das kannst du doch
00:42:26: jetzt nicht bringen, dann ist das seine oder ihre Sache und ihr Thema oder sein Thema. Und da darf
00:42:33: ich mich nicht von abbringen, dass das Thema Grenzen setzen. Also wenn ich dann einknicke,
00:42:37: habe ich vielleicht ein überhöhtes Harmoniebedürfnis oder habe eben noch nicht gelernt,
00:42:42: nein zu sagen, weil das daran stirbt ja niemand. Und ich mache ja nichts Böses, wenn ich sage,
00:42:46: ich gehe jetzt eine Stunde um den Blog, damit ich selber danach wieder entspannter und gelassener
00:42:50: in die Situation zurück komme. Also ich mache das ja eigentlich auch, um für andere dann wieder
00:42:55: da sein zu können. Und das ist wirklich wieder dieses, ich muss es dann bei den anderen lassen,
00:43:00: wenn die dann enttäuscht sind, dann ist es deren Problem. Und ich meine, dann haben die wirklich
00:43:04: überhöhte Erwartungen an mich, die ich gar nicht erfüllen kann und auch nicht erfüllen möchte. Und
00:43:08: dann müssen die mit ihrer Frustration klarkommen. Und in den meisten Fällen ist es ja auch möglich.
00:43:12: Und man kann sowas natürlich auch im Vorfeld schon kommunizieren und sagen, übrigens nur,
00:43:16: dass ihr euch nicht wundert, ich werde dann, und nicht um Erlaubnis fragen darf ich dann,
00:43:20: sondern ich werde dann zwischen, was weiß ich, Abendessen und Beschierungen oder
00:43:25: Nachtabendenschirmen, wann auch immer oder vormittags, ich werde dann mal eine Stunde
00:43:28: spazieren gehen, das ist mir wichtig. Oder ich gehe dann heute Abend übrigens um 10 Uhr nach
00:43:32: Hause und bleibe nicht bis um 2 Uhr wie letztes Jahr. Und dann sagt vielleicht dann das,
00:43:36: oh, mit angezogener Handbremse, ja, mir tut das jetzt gut und tut mir leid, wenn es für euch
00:43:41: eine Enttäuschung ist. Aber ich brauche das, damit ich dann auch den 25. und 26. gut durchstehe.
00:43:46: Oder ich gehe nicht in die Kirche mit, ach echt, gehst du nicht mit, warst du doch jedes Jahr,
00:43:50: dieses Jahr gehe ich nicht mit in die Kirche. Aber euch ganz viel Spaß könnt ihr doch sehr
00:43:53: gerne auch trotzdem machen, ist doch auch in Ordnung. Damit hast du auch schon meine nächste
00:43:58: Frage beantwortet, welche Strategien es gibt, um Zeit für sich selbst zu finden, ist einfach
00:44:05: eine klare Ansage und das dann auch durchzuziehen. Auch, was ich wichtig finde, ohne Erwartung an
00:44:11: andere wiederum. Also wenn ich ein Weihnachtsspaziergang plane, muss ich dann nicht sagen, ihr geht mit
00:44:15: und bin dann enttäuscht, wenn keiner mitgeht. Nein, genau, in jede Richtung. Jeder darf das für
00:44:20: sich selbst entscheiden. Also wirklich jeder Mensch darf für sich selbst entscheiden, solange er den
00:44:25: anderen damit nicht schädigt, ist ja klar, also wirklich jetzt nachhaltig schädigt. Ich meine
00:44:28: jetzt nicht, dass der andere dann frustriert oder enttäuscht ist, das ist keine Schädigung. Also
00:44:33: weil es gibt es ja manchmal so, dass man sagt, ja, aber wenn du mich lieben würdest und wenn du
00:44:36: Weihnachten wichtig finden würdest, wenn du unsere Familie wertschätzen würdest, dann würdest du
00:44:39: jetzt mitkommen. Das ist Erpressung, das ist nicht, das ist genauso wenig wertschätzend wie in
00:44:45: die andere Richtung. Und genauso würde ich dann sagen, wenn mir das ein Bedürfnis ist,
00:44:49: spazieren zu gehen, dann ist das mein Bedürfnis und damit tue ich ja niemandem weh. Also ich schade
00:44:55: ja niemandem damit. Genau, und also ja, das für sich selbst und aber auch im Vorfeld vielleicht
00:45:00: auch schon kommunizieren kann, manchen helfen, die sagen, so spontan krieg ich es dann nicht hin.
00:45:04: Aber wenn ich schon in der Früh sage oder schon am Vorabend sage, dann ist es schon deutlich leichter
00:45:11: und man kann ja auch wirklich mit kleinen Dingen starten und vielleicht auch nicht erst an Weihnachten.
00:45:16: Vielleicht mag man das ja davor schon mal üben, dass man zum Beispiel, wenn man schon weiß,
00:45:21: oh, das wird schwer mit meiner Mutter, weil die erwartet dann immer das und das, dass man vielleicht
00:45:25: auch da schon mal Kleinigkeiten ändert im Alltag im Vorfeld und dann zum Beispiel nicht jeden
00:45:31: Sonntag um 11 Uhr anruft, sondern sagt, du, Mama, dieses Wochenende geht es nicht nächstes wieder.
00:45:35: Also dass man schon so mit kleinen Erwartungsentäuschungen lernt, seine Grenzen zu setzen,
00:45:42: um dann an Weihnachten nicht das erste Mal sich abgrenzen zu wollen, ob das dann gelingt bezweiflich.
00:45:50: Also das sollte man schon im Alltag lernen und nicht erst an Weihnachten.
00:45:53: Das heißt, diese Resilienz muss man einfach üben?
00:45:56: Genau, also dieses, dieses, also ich meine Resilienz ist ja ein riesen Konzept, aber wenn wir jetzt mal
00:46:02: also diese Punkte, die wir besprochen haben, nehmen, ja, dann ist selbst für Sorge, dieses auf sich achten,
00:46:07: seine Grenzen, seine Bedürfnisse kennen, ist eine Übungssache und kommunizieren ist eine Übungssache
00:46:12: und Erwartungen durchschauen, hinterfragen und sich selbst ein bisschen in den Erwartungen zu regulieren
00:46:19: ist eine Übungssache, die ja nicht nur an Weihnachten brauche, sondern die das ganze Jahr über sehr hilfreich sein kann.
00:46:24: Insofern, ja, würde ich vorschlagen, frühzeitig zu beginnen.
00:46:30: Das war wahnsinnig interessant.
00:46:33: Vielen Dank für die letzten fast 45 Minuten.
00:46:37: Wow, danke dir, es ging sehr schnell vorbei für mich.
00:46:40: Ja, für mich auch, das war Wahnsinn.
00:46:41: Aber was ich jetzt so wirklich mitgenommen habe ist Kommunikation, das weiß man ja, aber,
00:46:47: das nochmal so richtig um die Ohren gehauen zu bekommen, kommuniziere, was du willst, was du erwartest
00:46:52: und überdenke deine Erwartungshaltung, aber auch die von anderen und sag dann für dich,
00:46:58: nee, ist nicht meine, not my monkeys.
00:47:02: Genau, und letzter Satz dazu, das hatte ich vorher noch vergessen,
00:47:05: ich kann auch nicht erwarten, dass andere mir ansehen, wenn es mir zu viel wird.
00:47:09: Das gibt es ja auch, dass sie sagen, das müssten die doch merken, dass mir das jetzt langsam zu viel wird.
00:47:13: Nein, das muss ich kommunizieren, also genau, in jede Richtung.
00:47:16: [Musik]
00:47:19: SWR 2020
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