Unser soziales Netz – der wesentliche Resilienzfaktor – Podcast mit Dr. Tatjana Reichhart
Shownotes
Einer der Hauptfaktoren für Resilienz ist ein stabiles soziales Netz, denn gute Beziehungen helfen uns zu entspannen und retten uns über Krisen hinweg. Was eine gute Beziehung ist und wie man diese pflegt, erklärt Dr. Tatjana Reichhart im Resilienz-Podcast.
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00:00:00: Warum sind gute Beziehungen wichtig für ein gelingendes Leben?
00:00:14: Was ist eine gute Beziehung?
00:00:17: Wie gestaltet man Beziehungen und wie finde ich die Balance zwischen Fürsorge für andere
00:00:21: und Abgrenzung?
00:00:22: Hallo, mein Name ist Jojo Schweitzer und über unser soziales Netz, der wesentliche Resilienzfaktor,
00:00:29: spreche ich jetzt mit Dr.
00:00:31: Med Tatjana Reichardt.
00:00:32: Sie ist Ärztin, Coach, Speaker und Autorin.
00:00:35: Sie ist Expertin für Resilienz, Selbstfürsorge, Persönlichkeitsentwicklung, psychische Gesundheit
00:00:41: und Kommunikation.
00:00:42: Schön, dass Sie bei uns sind.
00:00:44: Hallo, vielen Dank, ich freue mich.
00:00:45: Wir haben ja die absolute Expertin heute bei uns und deswegen fangen wir direkt an und
00:00:50: wir gehen direkt rein in unser Thema und zwar soziales Netzwerk.
00:00:55: Sie bezeichnen das als den wichtigsten Resilienzfaktor.
00:01:00: Warum?
00:01:01: Erst mal, weil es eine Studienlage gibt, die einfach zeigt, dass der wesentliche Aspekt
00:01:08: ist, der uns jährlich widerstandsfähig hält und auch assoziiert ist mit einem gesunden
00:01:13: und langen und zufriedenen Leben.
00:01:15: Also da ist einfach die Datenlage sehr gut.
00:01:17: Und aber wenn wir uns selber überlegen, wer wir sind als Menschen, welches Spezies,
00:01:21: dann wissen wir ja, dass wir soziale Wesen sind.
00:01:24: Also wir können natürlich auch mal alleine sein und es gibt auch Einsiedler unter uns,
00:01:29: aber die Großzahl der Menschen sind einfach verbunden mit anderen und brauchen das.
00:01:34: Also wir brauchen das zum Leben.
00:01:35: Wenn wir das nicht haben, geht es ums Schlecht und wir werden krank beispielsweise und deswegen
00:01:42: ist es natürlich zentral, sich darum zu kümmern, ein soziales Netz zu haben und zu pflegen.
00:01:46: Ein soziales Netzwerk heißt ja, gute Beziehungen zu haben.
00:01:50: Was macht denn eine gute Beziehung aus?
00:01:53: Das sind drei Faktoren, also dass man sagt eine Freundschaft oder eine Beziehung, die
00:02:00: tragfähig ist und das eine ist, dass ich Zeit mit den Menschen verbringe.
00:02:04: Das zweite ist, dass ich gemeinsame Erlebnisse habe, die dann darüber auch verbinden und
00:02:09: das dritte ist die Selbsoffenbarung.
00:02:12: Also dass ich auch was von mir preisgebe, mich ein Stück weit verletzlich zeige, so könnte
00:02:16: man es vielleicht sagen, weil nur dann eine tiefe Bindung stattfinden kann.
00:02:21: Also wenn mein Gegenüber von mir nicht zweis oder nur ganz oberflächlich ist, dann ist
00:02:26: das keine, also ist keine gute Grundlage für eine echte Beziehung.
00:02:29: Insofern sind das so die drei Kriterien, die man mal so definitionstechnisch dazu sagen
00:02:34: würde.
00:02:35: Und ansonsten kann man natürlich sich so die Frage stellen, wem vertraue ich, wer vertraut
00:02:40: mir, wer bittet mich um Hilfe, wen kann ich um Hilfe bitten.
00:02:44: Manchmal gibt es auch die Frage, wenn ich nachts aufwache und irgend ein Problem ist
00:02:49: oder irgendwas passiert, wen könnte ich auch nachts auf anrufen.
00:02:52: Also wer würde mir helfen, wo wüsste ich sicher, dass da ein offenes Ohr wäre, also
00:02:57: diese Fragen.
00:02:58: Das wären dann aber die Freunde schon in einer sehr engen Beziehung, also in einer vertrauensvollen
00:03:03: Beziehung.
00:03:04: Das ist ja nur ein Teil unseres sozialen Netz, diese ganz engen Kontakte.
00:03:09: Das wäre jetzt auch die nächste Frage des sozialen Netzwerks.
00:03:12: Es ist ja riesengroß, kann man das so ein bisschen aufdröseln, wer ist da drin, wer tut
00:03:16: uns gut, was genau ist ein soziales Netzwerk?
00:03:19: Ja, das ist auch oftmals so, dass man da vielleicht meinen könnte, mehr hilft mehr, so ist es
00:03:25: aber nicht ganz im Gegenteil.
00:03:26: Wir wissen sogar, dass wir maximal 15, also enge bekannte Freunde aushalten und kognitiv,
00:03:34: also in unserem Kopf, mit unserem Gehirn, in unseren Gedanken verarbeiten können.
00:03:39: Und wenn ich jetzt mehr als 15 Menschen habe, mit denen ich Zeit verbringen will und Sachen
00:03:44: erleben möchte, dann bringt mich das auch wieder unter Stress und unter Druck.
00:03:48: Das heißt, es ist wirklich so, mehr ist oftmals wirklich schädlicher.
00:03:52: Also gibt auch Untersuchungen, die zeigen, dass eine niedrigere Resilienz auch damit verbunden
00:03:57: ist, wenn wir zu viele Kontakte haben.
00:03:59: Und zwar jetzt nicht nur im Bekanntenkreis, wenn ich mal irgendjemanden sehe, das ist
00:04:03: natürlich nicht damit gemeint, sondern wenn ich jetzt wirklich Leute habe, mit denen ich
00:04:06: dann auch irgendwas unternehmen möchte.
00:04:08: Also so ein Freundeskreis sollte so 15 Menschen umfassen und dann haben wir so maximal 150 Menschen,
00:04:16: die wir überhaupt in unserem gesamten sozialen Netzwerk, wo wir auch alle beruflichen Kontakte,
00:04:21: alle familiären Kontakte mitzählen und mehr schaffen wir nicht.
00:04:26: Also das ist nicht möglich für uns.
00:04:27: Und da sieht man ja gleich, dass das in unserer Gesellschaft, wo wir ja jetzt alles muss vernetzt
00:04:32: sein und die ganzen auch Social Media Kontakte, dass das zwei Seiten hat.
00:04:38: Also das ist dann nicht nur gut sein muss.
00:04:40: Ich denke jetzt so an mich, ich habe manchmal wirklich Probleme, Termine zu finden für
00:04:45: Freunde und habe irgendwann mal angefangen, richtig auszusieben.
00:04:49: Also das klingt jetzt total hart, aber ich habe dann überlegt, mit wem möchte ich noch
00:04:53: weiter befreundet sein, was kann ich pflegen?
00:04:55: Das ist doch n sinnvoll eigentlich zu tun, oder?
00:04:58: Auf jeden Fall.
00:04:59: Also man muss sich ja überlegen, wir haben 24 Stunden Zeit und ich habe ein Kontingent
00:05:03: an 100 Prozent Energie.
00:05:05: Also ich stelle mir das immer vor wie so ein Kuchen, ein Runderkuchen, Käsekuchen rund.
00:05:10: Da sind halt, weiß ich nicht, acht Stückchen drin und dann wenn ich neunte, so dann zehntes
00:05:14: Will, dann muss ich halt vom anderen Stück was abschneiden.
00:05:16: Und ich habe nicht mehr, es gibt nicht mehr und ich muss das verteilen.
00:05:21: Und wenn ich natürlich jetzt meine 24 Stunden, meine Energiekuchen, Käsekuchen bildlich gesprochen
00:05:27: auf 50 Freundschaften verteilen möchte, zusätzlich aber noch ein Vollzeitjob habe, Kinderbetreuze,
00:05:34: selber Kinder habe oder ne Partnerschaft pflegen möchte, dann ist es nicht mehr realistisch,
00:05:39: das überhaupt zu können.
00:05:41: Es ist nicht mehr möglich.
00:05:42: Und deswegen ist unsere Aufgabe zu priorisieren und uns darauf zu konzentrieren, was ist wirklich
00:05:47: wichtig.
00:05:48: Und bei der Priorisierung, Entschuldigung, ganz kurz, bei der Priorisierung ist es ja
00:05:52: auch so, dass es, dass das nicht egoistisch ist, dann zu sagen, boah ey, auf den kann
00:05:57: ich verzichten, weil der kostet mich nur Energie, sondern es geht ja auch wirklich darum,
00:06:02: für was ist es denn dann auch gut, so ne Beziehung aufrecht zu erhalten.
00:06:05: Es ist ja auch ne beidseitige Geschichte.
00:06:08: Also es ist ja, wenn eine Beziehung mir nichts bringt und einfach nur nervt, dann ist es
00:06:13: meistens für den anderen ja auch nicht besonders fruchtbar oder fruchtvoll.
00:06:17: Insofern ist es ja immer ein Kontext, eine Kontextgeschichte und nicht so ich entscheide
00:06:21: und nur ich bin derjenige, der jetzt egoistisch mein soziales Netz analysiert und dann im
00:06:26: besten Fall auch ein bisschen reduziert.
00:06:28: Oder in manchen Fällen.
00:06:29: Ein bisschen kam ich mir so vor, aber es geht danach einfach besser.
00:06:33: Also es ist tatsächlich so, weil man dann weiß, okay, das sind die Leute, auf die konzentriere
00:06:37: ich mich, da haben wir beiderseitig was von.
00:06:40: Genau.
00:06:41: Ja, ja.
00:06:42: Sie haben es schon fast beantwortet.
00:06:45: Also wir sind Vernetzter denn je und trotzdem vereinsamen.
00:06:48: Irgendwie gefühlt immer mehr Menschen und haben doch kein soziales Netz, das uns in
00:06:52: Krisen halt gibt.
00:06:53: Das kann eben sein, weil man zu viele Kontakte hat oder wie kann das sein?
00:06:57: Vielleicht auch, also der Grund könnte ja daran liegen.
00:07:03: Also es gibt da jetzt keine abschließende Antwort drauf, dass wir müssen so ein bisschen
00:07:06: brainstormen und was man halt sich so aus den Studien zusammensuchen kann und aus der
00:07:09: Erfahrung jetzt in der Arbeit mit Menschen.
00:07:11: Aber wenn wir jetzt überlegen, dass Beziehung bedeutet, Beziehungsgestaltung, dass wir uns
00:07:16: auf jemanden einlassen, dass wir selbst von uns erzählen, dass wir gemeinsame Zeit und
00:07:20: gemeinsame Erlebnisse haben, dann braucht das ja eben Aufmerksamkeit neben der Zeit.
00:07:26: Und Aufmerksamkeit heißt ja sowas wie wirklich Achtsamkeit im Moment sein, mit demjenigen
00:07:31: zusammen sein.
00:07:32: Und von Zeit haben wir ja alle zu wenig.
00:07:35: Also viele, viele, viele.
00:07:36: Es gibt natürlich auch anderswo Menschen, die langweilen sich oder haben keine Beschäftigung.
00:07:40: Wenn ich jetzt zum Beispiel an Menschen denke, die arbeitslos geworden sind, das gibt es
00:07:44: natürlich auch.
00:07:45: Also der Großteil ist, beschäftigt er denn je.
00:07:47: Aber es gibt natürlich auch eine Gruppe von Menschen, die vielleicht durch Erkrankungen
00:07:50: oder Arbeitsverlust, Arbeitsplatzverlust ein Leben haben, in dem sie sich überhaupt
00:07:55: nicht beschäftigt fühlen, ganz nutzlos und so weiter.
00:07:58: Also das dürfen wir auch in diesem Gespräch nicht vernachlässigen.
00:08:01: Aber der Durchschnittsmensch, der jetzt auch bei mir im Coaching ist oder den ich in Workshops
00:08:05: kennenlerne oder wenn ich auch an mich selbst denke, hat zu wenig Zeit und dann wird alles
00:08:10: oberflächlich.
00:08:11: Und dann lassen wir uns nicht mehr ein.
00:08:13: Und dann sind wir nicht mehr in Resonanz und dann lassen wir uns auch nicht mehr berühren
00:08:18: und dann werden auch bestimmte Botenstoffe nicht mehr ausgeschüttet.
00:08:21: Und das in sozialen Kontakten ist, dass dieses Oxythusien, das ist so ein Kuschelhormon,
00:08:27: kann man sagen.
00:08:28: Das bedeutet, dass wir in Verbindung treten.
00:08:30: Das macht uns entspannt.
00:08:32: Das reduziert tatsächlich unsere Anspannung und unser Stresslevel.
00:08:35: Das macht uns zufrieden, wohlig, so das Gefühl von, oh, hier ist Kuschellicht, da möchte
00:08:39: ich gerne sein.
00:08:40: Und das brauchen wir.
00:08:42: Und wenn wir uns diese Zeit nicht mehr nehmen, dann haben wir diese Erfahrung nicht.
00:08:47: Und dann werden wir immer mehr in diesem Stressrat bleiben und haben gar nicht mehr diese Entspannungsmomente,
00:08:54: wo wir in Aufmerksamkeit und in Resonanz mit anderen sind.
00:08:58: Und ich glaube, wir machen dann zwar vielleicht die Termine, also wie Sie auch gesagt haben,
00:09:03: dann haben wir da so ein Disarminen-Tudu, also okay, da muss ich jetzt aber hier noch meine
00:09:06: Freundin treffen.
00:09:07: Und dann sitzen wir da und sind aber vielleicht mit unseren Gedanken schon woanders oder denken
00:09:11: uns, oh, wie kriege ich das jetzt noch und warte, ich muss noch das machen und wann
00:09:13: muss ich ins Bett.
00:09:14: Also es gibt nicht mehr so viele Momente, wo wir uns wirklich einlassen, weil wir so getrieben
00:09:20: sind.
00:09:21: Und das ist, glaube ich, einer der Faktoren, der da eine große Rolle spielt.
00:09:25: Also eigentlich könnte man den Podcast ja schon abbrechen, mein Learning ist total klar.
00:09:29: Es gibt schon noch mehr zu erziehen.
00:09:33: Ehrlich?
00:09:34: Ja, aber ich muss wirklich reduzieren, ich muss wirklich runterfahren, um selber resilienter
00:09:42: zu werden, um selber in mir selbst zu sein.
00:09:45: Das habe ich jetzt so wirklich mitgenommen.
00:09:47: Das ist, glaube ich, ganz wichtig für ganz viele Menschen.
00:09:50: Für ganz viele Menschen ist es eher die Aufgabe der Reduktion.
00:09:54: Also es ist natürlich total kontraintuitiv in der Welt, in der wir leben, geht es ja immer
00:09:57: um mehr und schneller und ich will brauche und denke, ich brauche mehr.
00:10:00: Aber eigentlich ist es eher die Frage des Reduktionismus, worauf konzentriere ich mich, was ist denn
00:10:05: wirklich auch dann nachhaltig sinnvoll für mich und energischbändend und was hilft mir
00:10:12: denn wirklich für ein gelingendes Leben, was ist da der Beitrag.
00:10:15: Aber ich möchte unbedingt betonen, dass es ja die andere Seite schon auch gibt.
00:10:19: Es gibt ja sehr viele Menschen, die haben gerade in Städten ein Riesenproblem und das ist dann
00:10:23: bis zweite das Gefühl der Einsamkeit, die wir sind in Städten mit Millionen von Menschen,
00:10:29: aber fühlen uns da total einsam, weil eben wir es so schwer finden, solche Beziehungen,
00:10:35: von denen ich gerade gesprochen habe, überhaupt aufzubauen.
00:10:37: Also München, da wohne ich ja, das sind, ich glaube, wir haben 50 Prozent Singlerate
00:10:42: und Einzelwohnungen, also diese Vereinzelung der Gesellschaft, die ist natürlich ein Riesenthema.
00:10:48: Und da habe ich dann, habe ich das Gefühl, ich habe wegen dem Job vielleicht keine Zeit oder
00:10:54: ich habe aber auch das Gefühl, kein Mensch ist ansprechbar so richtig.
00:10:57: Wir sind alle irgendwie so mit dem Kopf im Handy versunken.
00:11:01: Wo sitzt man denn mal so und schaut sich gegenseitig an?
00:11:04: Also es ist ja alles in dieser Einiegelung, in dem eigentlich ein Rückzug.
00:11:09: Eigentlich sind wir im sozialen Rückzug und die Covid oder Corona-Pandemie hat natürlich
00:11:13: da auch einen Riesenbeitrag geleistet im Negativen.
00:11:16: Und wo kommen wir denn in Kontakt?
00:11:18: Also für diejenigen, die eben jetzt nicht eigentlich eine sehr tolle Situation haben
00:11:24: und sagen können, ich habe ein so großes soziales Netz, ich muss es reduzieren,
00:11:27: sondern die sagen, ich habe eigentlich ein kleines soziales Netz und ich muss mir da
00:11:31: irgendwas aufbauen.
00:11:32: Die haben da ja auch Riesenprobleme damit.
00:11:34: Das Internet kann da ja helfen.
00:11:38: Also für Menschen mit viel Kontakt ist das eher so ein Fluch und für die anderen dann
00:11:43: vielleicht doch ein Segen, oder?
00:11:44: Ja, es ist für alle kann es beides sein.
00:11:48: Es kommt ja immer auf die Nutzung drauf an.
00:11:51: Also was auf jeden Fall ein Phänomen ist, was noch nicht so gut beleuchtet ist wissenschaftlich,
00:11:57: aber was immer klarer wird, ist das Beispiel, also die Dating-Plattformen, also nennen wir
00:12:02: jetzt wirklich mal so Klassiker wie Tinder, dass die dazu führen, dass die Frustration
00:12:06: bei den Menschen teilweise aber deutlich größer wird.
00:12:09: Also dass da dann ein Angebot herrscht, also so kannst du jede haben oder jeden haben
00:12:16: und wenn es dann aber um das Reale geht, ist plötzlich klar, naja so ist es halt doch nicht
00:12:21: oder dann wird nicht geantwortet oder es ist Kontaktabbrüche, der Bereich des Ghostings
00:12:27: ist ja auch was, was so ein bisschen in den letzten Jahren populär geworden ist, dieser
00:12:33: Begriff, also da verschwindet einfach jemand ohne irgendwie zu erklären, was jetzt los
00:12:36: ist.
00:12:37: Und das macht es ja oftmals auch gerade im sozialen Kontext noch schwerer.
00:12:42: Also wenn ich dann da auch noch die Frustration habe, dann nehme ich diese Frustration aus
00:12:46: der digitalen Welt ja auch in die reale Welt mit.
00:12:49: Und das ist ein Riesenthema, was auch sicherlich beiträgt, dass Menschen in die Verbitterung
00:12:55: gehen, auch in depressive Stimmungslagen oder auch vielleicht sogar so Ansätze von sozialen
00:13:00: Ängsten entwickeln, weil sie sagen, boah ich traue mich gar nicht jemanden anzusprechen,
00:13:03: ich wurde jetzt schon 80 mal abgewiesen und was soll ich denn jetzt machen, also ich traue
00:13:09: mich ja gar nicht mehr.
00:13:10: Also das ist tatsächlich, also das ist der Fluch und der Segen ist natürlich klar, man
00:13:16: kann auch nun immer auf der Couch ganz bequem in Kontakte treten, aber bis man da echte
00:13:21: tiefe Kontakte hat, ist das schon auch echt eine Zeit und eine Aufgabe.
00:13:26: Also zur Anbahnung glaube ich ist es gut, also je nachdem was man sucht, aber es ist dieser
00:13:31: Schritt, das dann ins reale Leben zu bringen, ist oftmals mit einer noch größeren Hemmung
00:13:38: vergesellschaftet, als wäre mir uns direkt in der realen Welt treffen.
00:13:41: Ja das wäre jetzt so meine nächste Frage gewesen, also im Internet das ist ja leicht
00:13:45: her, jemanden anzusprechen, aber das dann aufs reale Leben zu übertragen, jetzt dann doch
00:13:51: plötzlich an einem Tisch gegenüber zu sitzen und da eine Konversation zu machen, das ist
00:13:54: wahnsinnig schwer, aber genau das braucht man ja eigentlich für eine gute Beziehung,
00:13:58: oder?
00:13:59: Ja, auf jeden Fall und dieser Rückzug, also muss ich es ja so vorstellen, der Rückzug,
00:14:04: also dass wir uns eben Sachen nicht trauen und eher in unserer Komfortzone bleiben und
00:14:08: sagen, ah, jetzt muss ich nicht mehr rausgehen und ich muss jetzt nicht irgendwie beim weggehen,
00:14:12: jemanden ansprechen sollen, ich mache das jetzt mal so in dem geschützten Rahmen bei mir
00:14:15: zuhause per App.
00:14:17: Das bringt uns ja immer mehr in einen kleineren Handlungsspiramen, also der Kreis, in dem
00:14:24: wir uns souverän bewegen, wird immer kleiner, weil mit weniger Exposition, mit weniger,
00:14:30: ich mache etwas auch wenn es mir ein bisschen schwer fällt, mit mehr Rückzug wird die
00:14:34: Angst immer größer und das ist eben das, was wir zum Beispiel während Corona oder
00:14:39: nach Corona gesehen haben, dass Leute, die vielleicht davor sehr sozial auch unterwegs
00:14:43: waren, also auch mal in, weiß ich nicht, auf Abendveranstaltungen, also das haben wir zum
00:14:47: Beispiel bei uns im Kitchen to Soul so erlebt, da hatten wir regelmäßig Abendsveranstaltungen,
00:14:51: Workshop Vorträge, das war nie ein Thema, das da die Leute vor Ort waren und dann als
00:14:56: dann quasi wieder das in Anführungszeichen normale Leben kam, waren dann Gäste da, die
00:15:01: gesagt haben, boah, dass ich fühle mich jetzt echt erstmal unwohl hier, ich muss mich echt
00:15:05: überwinden, wieder rauszugehen und nicht aus Angst vor einer Infektion, sondern, ah, da
00:15:11: sind jetzt Menschen und wie verhalte ich mich da jetzt und was mache ich da?
00:15:14: Also durch diese Gewohnheit, das Alleinseins im Rückzug zu sein, sich da nicht verletzlich
00:15:20: zu zeigen oder auch mal exponiert mit der Gefahr, auch mal der Ablehnung, reduziert sich unser
00:15:25: Handlungsspielraum und wir, ja, wir schlafen da so ein bisschen ein, was unsere Fähigkeiten
00:15:29: in dem Bereich dann betrifft.
00:15:31: Das heißt, die moderne Welt wächst vielen über den Kopf?
00:15:35: Ja, das würde ich schon, also auf jeden Fall, wir schon sagen vielen, ja nicht allen, aber
00:15:40: es ist, viele fühlen sich, das zeigen ja auch die Studien, die Daten von Krankenkassen,
00:15:46: viele fühlen sich subjektiv sehr stark gestresst, überfordert und ein wirklich wesentlicher
00:15:54: Grund aus meiner Sicht und nicht nur aus meiner, sondern natürlich andere Wissenschaftler,
00:15:57: die darüber schreiben und forschen, wirklich, weil unsere sozialen Netze nicht mehr die
00:16:02: Qualität haben, vielleicht in der Quantität gar nicht so schlecht sind, aber die Qualität
00:16:06: hat sich durchaus verändert.
00:16:08: Und dadurch, dass sich die Qualität verändert hat, ist einfach unsere Resilienz nicht mehr
00:16:14: so vorhanden?
00:16:15: Ja, richtig.
00:16:16: Also, wenn wir, wenn wir davon ausgehen, was wir durchaus können, dass eben das soziale
00:16:23: Netz durch diese Faktoren der Unterstützung, also wir bekommen Unterstützung, aber wir
00:16:28: geben auch Unterstützung, also dieses Beizartikel, dass das dazu beiträgt, dass wir mit Herausforderungen
00:16:35: und Krisen besser umgehen können, was ja resilient sein bedeutet und das jetzt nicht mehr so
00:16:41: da ist und wir aber auch in diesen sozialen Kontakten nicht mehr dieses Entspannungsgefühl
00:16:47: haben und vor allem auch eben nicht mehr dieses Gefühl von "Ich genieße jetzt, ich
00:16:51: bin im Hier und Jetzt", das was ich vorher gemeint hatte, mit Resonanz sich einlassen,
00:16:56: dann haben wir quasi keinen Gegenspieler mehr zu den ganzen Stressmomenten im Alltag.
00:17:01: Und ich sage das auch oft in meinen Workshops, auch gerade bei Mitarbeitenden oder Führungskräften
00:17:06: in Unternehmen, die sagen, wir haben so viel zu tun und dann komme ich heim und dann ist
00:17:10: am Abend nur noch das Sofa, dann kann ich mich gar nicht mehr aufraffen, jemanden zu
00:17:14: treffen.
00:17:15: Das ist ja auch ein Thema, was uns davon abhält, in soziale Kontakte zu gehen, also nicht
00:17:19: nur die Zeit, die nicht da ist, sondern auch die Energie, die da nicht mehr da ist.
00:17:22: Und das ist aber genau das falsche Vorgehen, weil, also natürlich darf ich auch mal auf
00:17:27: der Couch alleine sitzen, logisch, es geht ums Maß.
00:17:30: Aber wenn ich das jetzt jeden Tag mache, dann habe ich quasi wirklich am Abend keine sinnvolle,
00:17:37: deutsame Alternative, die meinen Adrenalin- und Cortisol-Spiegel, also meine Aktivierung,
00:17:44: meine Stresshormone reduziert.
00:17:45: Und ich müsste ja genau andersrum denken und sagen, genau dann, wenn ich gestresst bin,
00:17:50: muss ich absichtlich, absichtsvoll soziale Kontakte pflegen, weil ich dadurch Entspannung,
00:17:57: Weitblick und gute Gefühle generieren kann.
00:17:59: Es ist meistens so, ich kann es ja aus eigener Erfahrung sagen, wenn man sich dann aufrafft,
00:18:03: mal rauszugehen, kommt man zurück und denkt sich jedes Mal, boah, das war so gut, das
00:18:07: muss ich wieder machen.
00:18:08: Also das ist immer so dieses Learning, wenn man rausgeht, aber es ist wahnsinnig schwer,
00:18:12: sich aufzuraffen.
00:18:13: Ja, weil wir eben, genau das ist wirklich dieser Punkt, wir sind schon mit dem, was
00:18:17: wir sonst haben und vor allem natürlich auch mit der Informationsflut und da spielen
00:18:21: die sozialen Medien eine riesen Rolle oder überhaupt internet die Medien eine Rolle,
00:18:26: sind wir dann schon so am Limit, dass wir sagen, boah, also ich kann jetzt nicht mehr.
00:18:30: Und dann stopfen manche die sozialen Kontakte ausschließlich auf den Samstag oder den Sonntag
00:18:34: und sind dann aber ganz, also schon gestresst in der Woche, weil sie wissen, oh Gott am
00:18:38: Wochenende muss ich jetzt noch dann zum Brunch und dann den und die treffen.
00:18:43: Und das ist natürlich total blöd, wenn dann das auch wieder zu einem To-do wird, zu einem
00:18:48: Muss, das ist wirklich schade, weil es geht ja eigentlich genau darum, Hedonismus ins
00:18:55: Leben zu bekommen.
00:18:56: Also das Schöne, das Gute, das Wohlbefinden, die guten Gefühle, weil wir ja so viel eh schon
00:19:02: schlechte Nachrichten und schlechte Gefühle haben und wir brauchen diesen Gegenpart und
00:19:09: der wird offensichtlich gerade einfach kleiner der Gegenpart.
00:19:12: Das ist das negative Überwiegt massiv in der Wahrnehmung.
00:19:17: Es ist subjektiv übrigens.
00:19:19: Ich habe mir als nächste Frage aufgeschrieben, ob wir uns nur für uns selbst interessieren,
00:19:24: ob wir egoistisch geworden sind, aber das haben wir glaube ich gerade beantwortet.
00:19:27: Sind wir eigentlich nicht, sondern es ist einfach zu viel.
00:19:30: Ja, genau.
00:19:31: Und wenn man im Stress ist und wenn es zu viel ist, man überfordert ist, dann ist man
00:19:37: ja in so einem negativen Stress.
00:19:39: Dann sind wir ja evolutionsbiologisch gesehen in einem Kampf- und Fluchtmodus, also wie
00:19:44: wenn da Tiger stehen würden und wir müssten die ganze Zeit um unser Überleben kämpfen
00:19:48: und unser Gehirn hat, also für unser Gehirn, wir sind im Gehirn noch in der Steinzeit so
00:19:52: ungefähr und da haben wir immer noch dieselben körperlichen Reaktionen.
00:19:56: Und das enkt uns ein im Denken.
00:19:59: Also wenn wir im Stress sind, dann werden wir schon egoistischer, weil wir keine Weizsicht
00:20:03: mehr haben, wir können nicht mehr gut zuhören, wir sind nicht mehr für den anderen da, wir
00:20:08: verlieren unsere Empathie, wir werden zynischer, wir werden distanzierter, das heben wir ja
00:20:13: jetzt gerade was in der Gesellschaft und in der ja auch politischen Gesellschaft passiert.
00:20:17: Also das ist quasi die Konsequenz.
00:20:21: Und da kann man natürlich jetzt, kann man sagen, wir sind da Opfer des Systems, da haben
00:20:27: wir ja gar keine Verantwortung, die wir tragen können, da würde ich sagen, nee, das stimmt
00:20:30: nicht, wir haben da sehr wohl eine Entscheidungsfreiheit und auch eine Verantwortung, unser Leben so zu gestalten,
00:20:35: dass es nicht egoistisch wird.
00:20:37: Und gleichzeitig sind wir natürlich auch einem System ausgesetzt, was es sehr, sehr schwer
00:20:42: macht, da eben die Empathie aufrecht zu erhalten oder das Mitgefühl für andere.
00:20:49: Und insofern werden wir schon eine egoistischere Gesellschaft, weil wir stärker im Stress sind
00:20:53: und dadurch automatisiert immer nur für uns kämpfen.
00:20:57: Wir kämpfen uns überleben und da haben andere da nicht mehr so viel Raum.
00:21:01: Dann kümmern wir uns jetzt darum, dass es besser wird und suchen mal Kurzstrategien
00:21:04: und Lösungsansätze bzw. machen Sie das für uns.
00:21:09: Gibt es Tipps oder Tricks, wie ich mir ein stabiles soziales Netzwerk aufbauen kann?
00:21:15: Ich denke, es beginnt mit der Entscheidung.
00:21:18: Also eigentlich immer, wenn man Verhalten verändern will oder sich etwas anders im Leben gestalten
00:21:23: möchte, dann ist es eine klare Entscheidung, die ich treffe und mir sage, ich weiß wofür
00:21:30: es ist mir so wichtig, ich räume den Priorität ein.
00:21:33: Also die Entscheidung dafür beispielsweise zu sagen, ich reduziere etwas anderes und nehme
00:21:40: dafür ein paar soziale Kontakte mehr in den Fokus.
00:21:44: Und diese Entscheidung treffe ich dann zum Beispiel mit einer Methode, dass ich mir mal
00:21:48: mein soziales Netz aufzeichne, dass ich überhaupt einen Überblick bekomme.
00:21:52: Also da könnte man sich selbst in die Mitte schreiben oder ein Foto von sich hinkleben
00:21:56: und jetzt nicht aus egoistischen Gründen, sondern um das zu visualisieren.
00:22:00: Und dann würde man außenrum so die Namen von beruflichen und privaten und familiären
00:22:05: Kontakten schreiben.
00:22:07: Da dürfen auch Haustiere drauf übrigens, weil die sind ja auch Kontakte auch auf emotionaler
00:22:13: Ebene und brauchen auch Aufmerksamkeit und Zeit, also Lebewesen.
00:22:17: Und dann ortet man die an und dann schaut man mal, okay, wer steht mir sehr nahe, emotional,
00:22:23: also wer ist mir sehr wichtig und steht mir sehr nahe und wer ist mir nicht so nahe, emotional.
00:22:28: Und dann überlegt man sich, wer raubt ganz viel Energie, wer gibt mir ganz viel Energie
00:22:35: und ist es dauerhaft oder ist es weniger dauerhaft?
00:22:37: Also es ist ja durchaus so, dass in Beziehungen es auszuhalten ist, dass der andere auch mal
00:22:43: schwierig ist und auch mal sehr viel Energie kostet.
00:22:46: Das ist jetzt nicht die Kriterium, dass ich sage, ich brauche nur Freunde, die es immer
00:22:50: locker und flockig und leicht mit mir machen, sondern es darf ja durchaus eben auch traurige
00:22:55: und schwierige Phasen geben.
00:22:56: Das ist ja vollkommen fein und auch übrigens Resilienz fördernd, also dass wir nicht immer
00:23:00: nur gucken, wie machen wir es uns ganz leicht, sondern schon auch gucken, wie gehen wir durch
00:23:04: die schwierige Zeiten durch und bleiben da dran, haben Durchhaltevermögen.
00:23:08: Also das eher so unterm Strich, also wenn ich jetzt, also ganz wirklich häufiges Beispiel,
00:23:13: die Schwiegermutter.
00:23:14: Und die, es ist so lustig, aber ich kriege das in unterschiedlichen Kontexten immer
00:23:19: wieder und dann sagen die, manchmal schauen die sich dann diese Visualisierung an, meine
00:23:22: Code schießt beispielsweise und sagen ja, also ganz ehrlich, wir verbringen jeden Sonntag
00:23:26: bei den Schwiegertätern, aber ich finde es furchtbar und ich komme dann immer genervt
00:23:31: und gestresst nach Hause.
00:23:32: Ja und dann muss man sich halt überlegen, ist das dann meine Priorisierung, will ich
00:23:37: das weiter machen, welche Entscheidung treffe ich oder andere Situationen auch in, wenn
00:23:42: es zum Beispiel um Angehörige von psychisch Erkrankten geht oder von Menschen, die alt
00:23:47: sind, Demenz, also vielleicht Eltern, die schon Demenz haben, die vielleicht im Pflegeheim
00:23:51: sind, also auch solche, also Carearbeit in nicht nur Kinderberechtigung, aber auch in
00:23:57: sondern familiär in anderen Bereich ist natürlich ein Riesenfaktor des sozialen Netz,
00:23:59: der auch wahnsinnig viel Zeit kosten kann. Aber auch da darf ich mir überlegen,
00:24:02: muss ich jetzt jeden Abend dahin und denjenigen besuchen oder ist es nicht vielleicht auch geschickt,
00:24:08: da nur zweimal die Woche zu kommen, weil dann auch die Qualität der Besuche wieder viel besser wird.
00:24:13: Also so dieses auch eben so wirklich mal sich zu hinter fragen und dann kann ich erst mal auf
00:24:18: Basis dessen eine Entscheidung treffen. Was tut mir eigentlich gut? Was brauche ich oder brauche
00:24:24: ich gar niemanden? Muss ich reduzieren oder sehe ich, poh, ich bin umgezogen. Es übrigens auch
00:24:29: ein Riesenfaktor unserer Zeit, dass wir ja nicht mehr so, also wir haben unsere sozialen Kontakte
00:24:33: nicht mehr so stabil, sondern dann ziehen wir um und poh, was mache ich denn jetzt? Wie finde
00:24:37: ich denn in München jetzt neue Kontakte? Da muss ich ja erst mal gucken, wie kriege ich das hin?
00:24:41: Also aber aus dieser Visualisierung ergibt sich ja schon mal ganz viel, wo ich selber gucken kann,
00:24:46: wie möchte ich und wo möchte ich ansetzen. Wenn ich jetzt jemand bin, der wenig Kontakte da auf
00:24:53: meinem Board hat und ich merke vielleicht ist es zu wenig, wie gehe ich dann vor? Schaue ich dann
00:24:58: in welcher Lücke fehlt mir jemand und gehe dann kizielt suchen oder was mache ich dann? Ja, das ist
00:25:05: also, sie meinen mit Lücke im Sinne von ist es beruflich privat oder so, dass sie da gucken,
00:25:11: in welchem Bereich. Genau, also dass ich einfach so schaue und ja genau, ich habe jetzt jemand mit
00:25:14: dem kann ich super quatschen über Family und Kinder und weiß was ich und dann habe ich jemand,
00:25:18: der ja, der gibt mir einfach ganz viel Leichtigkeit, aber dann fehlt mir irgendwie jemand im
00:25:24: beruflichen, dass man berufliche nehmen, ja, mit dem ich ja enger verbandet. Ja, das ist übrigens
00:25:29: eine ganz tolle Frage, die Sie stellen, weil genau darum geht es eben, dass ich auch nicht einen
00:25:33: Menschen habe, der alles abdecken kann an Unterstützung, also an emotionaler und instrumenteller
00:25:38: Unterstützung. Also instrumentell wäre, der mir mal vielleicht die Kinder abnimmt oder mal ein Bild
00:25:44: an die Wand hängt oder mir auch vielleicht Geld leidt und emotional wäre, bei dem ich nicht
00:25:48: aushäulen kann, der mich in Arm nimmt. So, das sind eben so auch unterschiedliche Freundschaften,
00:25:53: genau, also welche Lücke vollkommen richtig und dann genau und dann ja und dann zu gucken,
00:25:59: okay, was kann ich jetzt tun? Also und das ist wichtig, dass wir dann in die Selbstwirksamkeit
00:26:02: kommen, es ist übrigens auch ein Resilienzfaktor, dass wir also dann nicht da sitzen zu Hause und uns
00:26:07: denken so, oh die Welt ist schlecht, keiner will mich, keiner mag mich, aber ich bin immer nur zu
00:26:12: Hause und maximal vielleicht auf Social Media oder im Internet unterwegs. Dann kann es ja nicht funktionieren.
00:26:17: Ja, eben, aber dann ist es, aber das ist ja die Gefahr auch von den Apps oder von den Dating-Plattformen,
00:26:22: dann sage ich, ah ich habe mich schon bei Münchner Singles angemeldet, aber da geht sich ja nichts
00:26:25: aus, sondern dass ich dann wirklich gucke und es gibt ja große Angebote jetzt nicht, also ich denke,
00:26:31: das ist auf dem Land vielleicht ein bisschen anders, aber da, also das war ja nochmal eine andere
00:26:35: Situation, aber letztendlich kann man ja dann einen Sportverein finden, über den man Kontakte
00:26:40: anbahnt oder eben auch Netzwerk treffen, vielleicht über den beruflichen Kontext oder was auch immer
00:26:47: wieder hilft, ist, da sich mir überlege, wen kenne ich schon und kann ich den oder die so ein bisschen
00:26:52: anzapfen, weil Freundeskreise ergeben sich ja oft auch, ich treffe jemanden, mit dem bin ich schon
00:26:56: ein bisschen bekannt oder befreundet und über den oder die lerne ich dann neue Leute kennen, also
00:27:01: das ist ja, man muss ja nicht immer von vorne anfangen, sondern man kann ja auch darüber nachdenken
00:27:06: oder Mensch, habe ich nicht mal vor zehn Jahren mit jemandem hier irgendwie in der Region Kontakt
00:27:11: gehabt, also alte Kontakte wiederbeleben und da ist meistens dann schon was da und dann natürlich
00:27:17: auch die Frage der Wahrnehmung, also so durch diese Visualisierung wird auch manchmal klar, ich habe
00:27:23: ja schon fünf Leute und vielleicht ist ja es sinnvoller, diese fünf Leute nochmal zu intensivieren
00:27:29: oder auch anders vielleicht zu versuchen, mit denen die Lücken zu schließen, als dass ich sage,
00:27:33: jetzt muss ich nochmal zehn neue kennen lernen, also wohin gebe ich dann auch meine Energie.
00:27:37: Was ist jetzt mit Menschen, die sich wahnsinnig schwer tun, rauszugehen, andere Leute anzusprechen,
00:27:44: was gibt es da für ein Tipp, wenn die so eine neue Beziehung eingehen wollen, wie sie die vielleicht
00:27:50: gleich von Anfang an positiv gestalten können oder was raten sie denen? Also wenn ich jetzt sage,
00:27:56: oh soziale Netzwerke, super, da kann ich ein bisschen schreiben, aber jetzt geht's raus und jetzt muss
00:28:01: ich dann Kaffee trinken mit jemandem. Ja, ich glaube, also genau, also erst mal, wie komme ich
00:28:06: dahin, dass ich mit dem Kaffee trink und ich glaube, die Anbahnung ist ja oft über andere Themen,
00:28:10: gemeinsame Themen, also im Ehrenamt, wenn ich einmal die Woche irgendwie an der Tafel stehe und da
00:28:15: Essen mit anderen ausreiche, dann lerne ich darüber ja Menschen kennen, die irgendwie mir ähnlich
00:28:20: sind oder zumindest ähnliche Interessen haben und dann habe ich ja auch einen Anknüpfungspunkt
00:28:24: über, was ich reden kann oder ich bin in einem Sportverein und würde vielleicht nach dem Sport
00:28:29: in der Umkleidekabine jemanden fragen, kann ich da mit dir oder hast du mal Lust, noch ein Bierchen
00:28:33: trinken zu gehen oder ein Glas Wein oder ich bin in einer, in einem Verband, wo wir uns für
00:28:39: irgendwas politisches engagieren und da sind dann ja immer Menschen, die auch Themen mitbringen und
00:28:44: über die Themen finden wir dann ja auch Ansatzpunkte und deswegen ist glaube ich dieses Blinddating,
00:28:48: also so, wir setzen uns dahin und erzählen uns erstmal unseren Lebenslauf, ist natürlich viel
00:28:53: komplizierter, weil also ich habe schon Freundinnen und Freunde im Umfeld gehabt, die gesagt haben,
00:28:57: das kommt mir immer vor, als wäre ich im Bewerbungsgespräch und das ist auch nicht dann so sofort
00:29:02: ins, ins, also so dieses Verbindende, aber wenn ich schon, also ich glaube, wenn ich über das Thema
00:29:06: komme, gerade also auch Beziehungen glaube ich gestalten sich leichter den Anfang, wenn wir über
00:29:12: gemeinsame Themen kommen, als wenn wir sagen, ah ich habe dein Foto gesehen und das fand ich irgendwie toll.
00:29:16: Und ich, was ist jetzt mit, wenn ich jetzt sage, ich muss für meine sozialen Kontakte was tun,
00:29:24: ich trau mich jetzt jemanden auch noch im echten Leben anzusprechen und dann kriege ich eine Abfuhr.
00:29:29: Wie, wie verzweifel ich nicht, wie kann ich da in mir bleiben, in mir ruhen und sagen,
00:29:36: jo, war blöd, jetzt mache ich weiter.
00:29:38: Wahrscheinlich der erste Punkt ist sich klar zu machen, dass das total normal ist,
00:29:46: dass das vorkommt und das ist das Leben und das stärkt die Resilienz. Also natürlich in einem
00:29:52: Ausmaß, wenn ich jetzt immer abgelehnt werde, dann schwächt es auch, aber diese Annahme,
00:29:57: dass mich alle Menschen mögen müssen und ich dann daran verzweifeln würde, wenn mich mal
00:30:01: irgendjemand nicht mag, das ist ja eher etwas, was unsere Widerstandsfähigkeit schwächt und was
00:30:07: nicht realistisch ist. Also es ist ja vollkommen logisch, dass eine Vielzahl von Menschen uns
00:30:13: auch doof findet. Und das gehört dazu, wenn wir aber natürlich aufgewachsen sind und unsere Eltern
00:30:19: uns immer, immer, immer erzählt haben, dass wir die Heroes sind und immer alles toll machen und
00:30:23: immer die anderen, die Deppen sind, ist es natürlich schwer zu akzeptieren, dass irgendwann mal
00:30:26: jemand zu uns sagt, weiß ich finde ich jetzt, also ich weiß nicht, aber ich komme mit dir nicht klar.
00:30:30: Und deswegen ist es ein eigentlich ein wunderbares Training, um in der Welt bestehen zu können.
00:30:36: Also ich würde das als Übungsplätze sehen. Ich trainiere auch mal abgelehnt zu werden und merke
00:30:43: dann, die Welt geht ja gar nicht unter. Also das ist ja auch wieder ein Prozess,
00:30:48: das ist der Weiterentwicklung, der Persönlichkeitsentwicklung. Und wenn ich mich immer nur in einem
00:30:52: Umfeld bewege, wo ich versuche, dass mich alle lieben und toll finden, dann sind wir ja auch
00:30:57: nicht mehr authentisch. Und das ist ja auch das, was uns übrigens in unserer Gesellschaft gerade
00:31:01: wahnsinnig unter Druck setzt. Und ich glaube wirklich, das kommt daher, weil wir das zu wenig
00:31:06: erleben. Und weil es dann nicht mehr normal ist, aber es ist normal. Also ich mag doch auch nicht
00:31:11: jeden und ich muss doch auch nicht jeden gut finden. Und wenn ich das aber als was normales
00:31:16: akzeptiere und auch als etwas, ich werde mit der Enttäuschung der Frustration, ja die habe ich,
00:31:20: aber die Gefühle gehen auch wieder vorbei. Ich werde daran nicht kaputt gehen. Das ist in Ordnung.
00:31:25: Ich kann das aushalten. Dann werde ich vielleicht auch nicht mehr in so rabiate Abgrenzungen
00:31:32: müssen, wie wir es jetzt ja auch erleben in sozialen Bereichen, dass wir auf Social Media ist mir
00:31:35: das massiv aufgefallen, dass wir da zum Beispiel irgendwas als Post sehen und jemand vertritt da
00:31:40: eine Meinung und dann kommen total krasse Abwertungen. Und das ist ja, das wollen wir ja nicht und
00:31:48: vielleicht ist das wie so ein Übermaß, weil wir sonst immer versuchen in unserer Bubble immer
00:31:52: von allen gemocht zu werden und dann irgendwo müssen wir es dann aber raushauen, nämlich gegenüber
00:31:57: den anderen. Und eigentlich wäre es doch schöner, wenn wir das als normaler erleben würden, weil
00:32:02: es einfach auch menschlicher ist, dass wir sagen, ja es gibt Leute, die mag ich und Meinungen,
00:32:06: die finde ich gut, aber es gibt auch Leute, die mag ich nicht und Meinungen, die ich nicht gut finde.
00:32:10: Und ich muss ja nicht mit allen, aber ich muss auch nicht die anderen alle abwerten. Und wenn
00:32:15: mich jemand abweist, heißt es ja nicht, dass ich als Person abgelehnt bin, wenn wir höflich und
00:32:21: respektvoll bleiben. Insofern Trainings, es ist ein Trainingsfeld, in dem ich meine Resilienz
00:32:25: stärken kann und das Wichtige ist, dass ich dann, dass ich dann nicht aufhöre, dass ich nicht sage,
00:32:31: "Boah, jetzt bin ich dreimal abgelehnt worden, jetzt mache ich nichts mehr", sondern dass ich sage,
00:32:36: meins war halt, hat halt nicht funktioniert. Es braucht halt viele Versuche, bis ich jemanden
00:32:40: finde, wo es irgendwie stimmig ist. Jetzt gibt es aber dann auch noch die Menschen, die nicht
00:32:47: nur wahnsinnig viele soziale Kontakte haben, es gibt die Menschen, die eben weniger haben,
00:32:52: es gibt aber auch noch die, die überall sind, die überall helfen, die dieses Helfer-Syndrom haben.
00:32:58: Da kommen erst die anderen und dann kommen noch mal die anderen und noch mal und dann kommt
00:33:02: lange nichts und dann kommen ich. Was haben Sie denn da als Tipp, wenn ich bemerke, das ist bei
00:33:08: mir so oder wenn ich jemanden kenne und will vielleicht einem guten Freund helfen?
00:33:12: Also von außen demjenigen zu helfen, das ist wahrscheinlich gar nicht so leicht,
00:33:18: weil derjenige fühlt sich ja tatsächlich verantwortlich. Aber man kann schon als Außenstehner,
00:33:23: also aus eigener Erfahrung, kann man etwas wirklich bewirken. Also ich zum Beispiel bin
00:33:29: jemand, der jetzt deutlich weniger, aber früher sehr stark dieses Überverantwortungsgefühl hatte,
00:33:34: jetzt nicht unbedingt im Helfer-Syndrom, sondern in der Verantwortung, ja das mache ich selbst oder
00:33:39: ach, da bin ich für zuständig und mich dann auch in Sachen letztendlich eingemischt habe,
00:33:44: die gar nicht unbedingt auf meiner Agenda lagen. Ich habe sie mir halt selbst auf meine
00:33:47: Agenda gezogen und das machen ja viele, die dann sagen, es ist alles so viel, wenn ich anderen
00:33:52: helfe oder ich bin da immer nur für andere da, weil wir uns dann Sachen aneignen oder Sachen
00:33:57: übernehmen, um die uns erstens niemand gebeten hat und zweitens, die vielleicht nicht mal
00:34:02: gewünscht sind. Und da hat es mir massiv geholfen, dass in meinem nahen Umfeld, also mein Mann und
00:34:09: meine Geschäftspartnerin, die auch meine beste Freundin ist, die auch teilweise gespiegelt haben
00:34:14: und gesagt haben, du bist jetzt grad gar nicht auf den Plan, du musst da jetzt dich nicht dafür
00:34:19: engagieren oder da haben wir dich gar nicht darum gefragt, dass du das jetzt machst. Lass es doch
00:34:23: einfach, weil durch das Einmischen oder durch das ständige Übernehmen von Sachen und sich
00:34:28: verantwortlich fühlen, nimmt man ja den anderen Menschen auch Selbstverantwortung weg. Also
00:34:33: so ein bisschen traut man denen ja gar nicht zu, dass die das auch selbst schaffen oder dass die
00:34:38: aktiv um Hilfe bitten könnten. Das ist mal so eine Facette. Da ist übrigens so ein Spruch sehr
00:34:43: hilfreich, nämlich dieses "Mein Zirkus, meine Affen", "Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen",
00:34:49: also "Mein Zirkus, mein Monkeys, nicht mein Zirkus, nicht mein Monkeys". Und das zu überlegen,
00:34:54: das ist schon mal ein Riesenpacken. Das andere ist, also so kann man auch von außen spiegeln und
00:34:59: sagen, du ganz ehrlich, du musst das gar nicht machen, bleib zu Hause oder ich erwarte gar nicht
00:35:04: von dir, dass du die ganze Zeit das Abendessen kochst. Für mich reicht die Pizza. Also so auch
00:35:09: dieses Erwartungen, die Erwartungen wirklich abzuklären und transparent zu halten. Und das andere
00:35:14: ist, dass natürlich helfen schöne Gefühle macht. Also deswegen ist es so verleitend. Also soziales
00:35:22: Netz ist ja eben dieses "Ich helfe und unterstütze andere". Und wir werden evolutionsbiologisch dafür
00:35:28: belohnt, dass wir soziale Netze pflegen, dass wir anderen helfen, dass wir also damit als Speziats
00:35:32: überleben können. Und es fühlt sich gut an. Da wird Dopamin ausgeschüttet, Endorphine und
00:35:36: eben dieses Oxytocin. Und es ist einfach ein schöner Zustand. Und bei manchen ist es so,
00:35:40: die generieren diesen Zustand halt unbewusst, aber trotzdem absichtlich, um dann zu sagen,
00:35:46: jetzt habe ich dem geholfen, das war jetzt ein schönes Gefühl. Und das sollen wir auch tun. Das
00:35:50: ist eigentlich auch das Erstrebenswerte. Davon könnten manche mehr haben. Aber andere müssten dann
00:35:56: eben auch wieder das Maß finden und sagen, okay, es geht jetzt nicht nur darum, dass ich andere
00:36:01: unterstütze, sondern ich brauche ja auch die Energie für mich. Weil wenn ich die nicht mehr habe,
00:36:05: bin ich letztendlich für alle doch am Ende nur eine Last. Und dann wird das nämlich im Übermaß,
00:36:12: also Helfer-Syndrom im Übermaß auch wieder sehr egoistisch. Und das, wenn ich das so erzähle,
00:36:18: also beispielsweise auch dann ganz konkret sage, eigentlich steht hinter diesem sich zu viel
00:36:24: verantwortlich fühlen und anderen zu viel helfen wollen, ein übergroßes Selbst, weil ich mich dann
00:36:31: so wichtig nehme. Wenn ich das so sage, dann klackts manchmal und dann verstehen vielleicht
00:36:38: manche Zuhörer so, ah, okay, es ist ja nicht nur gut für die anderen, was ich da tue. Also es ist
00:36:43: ja nicht nur selbstlos, sondern es hat ja schon auch was mit meinem Ego zu tun. Und das kann
00:36:48: vielleicht dabei helfen, dann es eben nicht als egoistisch zu empfinden, zu sagen, ich mache
00:36:54: jetzt mal Dinge nicht oder ich kümmere mich jetzt mal eher um mich und bin dann nicht immer für die
00:37:00: anderen da, sondern dass ich sage, nie, es ist ja eigentlich, es ist ja eigentlich fürsorglich,
00:37:04: wenn ich mich um mich kümmere, um Energie zu haben, qualitativ gute Energie für den anderen und
00:37:10: dann in einer eher Gelassenheit mit dem anderen auch bin. Weil wenn ich zu viel helfe, werde ich
00:37:16: ja auch gereizt, gestresst und dann bin ich ja wieder eigentlich eingeengt und nicht mehr zugänglich.
00:37:21: Und dann gibt es nicht mehr diese Quality-Time oder diese Resonanz und das Hedonistische.
00:37:27: Das heißt, ich mache mir dann wieder eine Liste, schreibe auf, was ich alles für andere tue und
00:37:32: streiche. Super Idee. Also dieses visualisieren und wirklich visualisieren oder auch den anderen
00:37:39: Fragen, was wünschst du dir von mir? Oder was ist denn deine Erwartung? Also ich fand die Idee mit
00:37:45: der Pizza super, weil also gerade so als Mutter, Hausfrau nebenher arbeiten und alles und dann macht
00:37:53: man auch noch das super Abendessen und das ist die Frage, muss es denn sein? Und das ist so
00:37:57: abklären, oder? Ja und es ist auch so, dass wir dann oder viele sagen, ja dann habe ich ein
00:38:01: schlechtes Gewissen, ich kann doch jetzt irgendwie nicht meine Familie oder meine Kinder nicht abholen
00:38:06: und die müssen dann den Weg alleine gehen von der Schule beispielsweise heim oder ich habe
00:38:09: schlechtes Gewissen, wenn ich da nicht zu Hause bin, wenn mein Ehemann heim kommt oder andersrum
00:38:12: oder wie auch immer. Und das ist ja oft, das basiert ja ausschließlich auf unseren, also nicht
00:38:19: ausschließlich, aber es basiert ja oft auf unseren Fantasien, was andere von uns sich wünschen und
00:38:24: erwarten und dann kann es schon auch mal ein unschönes Erwachen sein, wenn dann der Partner oder
00:38:29: die Partnerin sagt, du ich bin auch ganz froh, wenn ich mal alleine zu Hause bin, du musst nicht
00:38:33: jeden Abend da sein. Ja also es ist ja nicht, es ist ja oft nur angenommen und nicht real und das
00:38:39: abzuklären, das bringt ganz viel Freiheit auf beiden oder auf mehreren Seiten, auf allen
00:38:44: Beteiligten Seiten und auch die Kinder werden sagen, du ich find es ganz schön, wenn du einfach am
00:38:47: Tisch sitzt anstelle in der Küche stehst und dann lieber entspannt mit einer Pizza am Tisch als
00:38:52: gereizt in der Küche mit einem Dreigängemenü. Also ja es geht ja dann um die zwischenmenschliche
00:38:59: Qualität und nicht unbedingt um die Essensqualität. Also ich finde Erwartungen abklären, das ist
00:39:05: glaube ich, das hilft vielen einfach mal drüber sprechen. Muss das dann sein? Was ist denn jetzt,
00:39:11: wenn ich, das haben wir vorhin schon mit der Schwiegermutter angesprochen, was ist denn,
00:39:15: wenn ich jetzt so Menschen in meinem Umfeld hab, denen ich nicht entkommen kann? Es ist die Tante,
00:39:20: die Cousine oder irgendjemand, die mir aber nicht so gut tun. Wie gehe ich mit denen um? Ich
00:39:27: kann die ja nicht einfach rausstreichen. Ja da würde ich jetzt fragen, wieso nicht? Weil es die
00:39:32: Tante ist und die zur Familienfeier kommt und das schon immer so war? Ja genau, also das ist
00:39:38: natürlich mein Braut, da schon auch ein bisschen Mut ist, immer da gewesen in Frage zu stellen,
00:39:42: nur weil ich mit jemandem verwandt bin, ist es jetzt nicht unbedingt so, dass ich diesen Menschen
00:39:47: als mein soziales Netz gewählt hätte. Also das kann ja ganz anders sein, das ist ja oft so. Und
00:39:53: es muss ja auch nicht ein Abbruch geben. Also ich muss ja nicht sagen, ich kann dann zu keiner
00:39:57: Familienfeier mehr mit, aber ich kann mich distanzieren. Also ich kann mich zeitlich und
00:40:02: örtlich distanzieren. Also muss ich, also wirklich dann vielleicht zum Beispiel am Sonntag nicht mehr,
00:40:06: also bei dem konkreten Beispiel von meiner Couchie, dann nicht mehr am Sonntag mitzufahren oder
00:40:12: nur noch alle vier Wochen. Und ja, dann muss der Mann, dass der Mutter erklären. Also dann ist
00:40:16: das halt so, aber das muss man auch mal zumuten und zutrauen. Das wird er dann schon hinkriegen,
00:40:20: seiner Mutter zu verklickern, dass die Schwiegertochter da nicht dabei ist. Und dann findet die
00:40:25: Schwiegermutter, die Schwiegertochter halt doof, aber die hat sie wahrscheinlich davor schon doof
00:40:28: gefunden, sonst wäre es nicht so kompliziert. Also so dieses sich klar zu machen, dass man
00:40:32: durchaus reduzieren kann. Und es darf auch sein, dass der andere dann sauer auf mich ist. Das ist
00:40:38: halt so. Also wir müssen im Leben Enttäuschungen und unangenehme Gefühle aushalten. Das ist
00:40:43: ein Riesenfaktor von Resilienz. Wir können ja nicht immer nur handeln, damit wir uns immer nur
00:40:48: gut fühlen, weil dann sind wir nie authentisch, weil wir dann immer das machen, was andere
00:40:52: von uns erwarten. Weil wir denken, oh, dann nicht, dass die dann von uns blöd denken oder von uns
00:40:57: enttäuscht sind. Also deswegen dieses durchaus legitime reduzieren, weniger oft hingehen,
00:41:03: vielleicht dann bei der Geburtstagsfeier nicht am selben Tisch sitzen oder wenn man es zu nieder,
00:41:08: also wenn man es dann so runter reduziert, hält man es ja auch im Einzelfall viel besser aus.
00:41:13: Aushalten lernen, ein wunderbare Stichwort. Ich habe noch ein ganz ganz tolle Stichwort bei
00:41:18: Ihnen auf der Homepage gelesen und zwar ein gelingendes Leben. Ich fand das so toll. Man spricht
00:41:25: ja meistens der hat ein gelungenes Leben, so ein tolles Leben, aber dieses Impressens, ein
00:41:31: gelingendes Leben, das finde ich wahnsinnig schön. Haben Sie da noch einen Experten-Tipp? Was kann
00:41:37: ich als allererstes für ein gelingendes Leben tun? Ja, soziale Beziehungen pflegen in beide
00:41:44: Richtungen, also anderen helfen, aber auch von anderen Hilfe annehmen, dass es in beide Richtungen
00:41:51: geht. Und was ist da der Kniff? Das gibt uns auch Bedeutsamkeit und Sinn und Wert. Also das sind
00:41:59: sinnstiftende Werte. Und ein gelingendes Leben, das ist ja eigentlich ein philosophischer Begriff,
00:42:04: bedeutet, dass ich meinen Wurzuchenne. Also wurzu mache ich denn das Leben? Wurzu lebe ich denn?
00:42:10: Und was ist mir wirklich wichtig? Also die Werte, die mein gelingendes Leben formen und prägen. Und
00:42:19: wenn wir uns überlegen, und das ist wirklich natürlich ein bisschen eine tiefgehende Übung,
00:42:23: aber wenn Sie überlegen würden, worauf kommt es denn an? Und Sie haben selber gesagt, am Ende
00:42:28: sagt man dann rückblickend ein gelungenes Leben. Was wäre denn für Sie ein gelingendes oder ein
00:42:34: gelungenes Leben? Was ist denn wirklich wichtig gewesen, kann man machen, indem man Nachruf über
00:42:39: sich verfasst. Also das ist natürlich eine Sache, wo man sagt 15 Minuten hinsetzen, schon ein bisschen
00:42:45: intensiver. Aber das wird ziemlich schnell klar. Also die allermeisten Menschen sagen, ein gelingendes
00:42:51: Leben ist dann, wenn ich mit anderen eine Gemeinschaft bilde, wenn wir was gemeinsam erschaffen. Wenn ich
00:42:57: erschaffenes weitergeben kann. Wenn ich gute Zeit mit Menschen verbringe. Wenn ich zum Beispiel
00:43:05: über ein Ehrenamt eine sinnvolle, bedeutsame Tätigkeit habe. Bedeutsamkeit hat eigentlich immer
00:43:12: was mit sozialer Beziehung zu tun. Also die wenigsten sagen, also es ist so bedeutsam, das neue,
00:43:18: das neue Innen, was weiß ich, das neue PC-System generiert zu haben. Sondern die allermeisten sagen,
00:43:25: es ist bedeutsam mit Menschen was gemacht zu haben, Familie gehabt zu haben. Also das ist das,
00:43:31: was gelingend ist. Also gelingend ist nicht oder ein gelingendes Leben ist nicht. Ich habe noch fünf
00:43:36: Autos mehr, noch fünf Uhren mehr, noch fünf Handys mehr in meinem Leben gehabt. Vielleicht mal ein schöner
00:43:42: Urlaub. Ja, so was Erlebnisse, aber Sachen sind es eigentlich fast nie. Und deswegen auch da wieder
00:43:50: so dieses es ist eher das Reduktionistische, das was wir eigentlich haben. Also eigentlich müssten wir
00:43:56: nur zugreifen. Wir haben es alles da und wir werden eigentlich ja abgelenkt von dem was wichtig
00:44:02: und wesentlich ist. Und das wieder zu finden und dann auch mit dieser klaren Entscheidung und auch
00:44:09: vielleicht Unterstützung im Sinne von, dass man sich symbolisch schafft, die einen daran erinnern
00:44:14: oder es auch in den Kalender einträgt, um immer wieder daran zu denken, was ist wirklich wichtig.
00:44:19: Worauf kommt es wirklich an? Und dann sind da die sozialen Kontakte automatisch dabei und dann
00:44:25: habe ich automatisch ein gelingendes Leben. Das ist fast ein schöner Schlusssatz. Ich hätte aber noch
00:44:31: eine Frage. In den Vorträgen sprechen Sie von der Pipilangstrumpfstrategie in Krisenzeiten. Was
00:44:41: verstehe ich darunter? Was steckt dahinter? Die Pipilangstrumpf ist für mich eine Symbolfigur für
00:44:47: so Selbstbestimmung, mutig sein, sein eigenes Leben zu leben. Und da kann man ja auch sich
00:44:54: überlegen, was assoziiert man damit. Die Pipilangstrumpf, die scherzig wenig um Autoritäten,
00:45:01: die ist eher charismatisch als perfekt. Die macht Sachen einfach mal so, ist selbstwirksam, sagt
00:45:09: sie ist das stärkste Mädchen, sie präsentiert, sie schafft alles. Also sie ist so ein Sinnbild für
00:45:13: Resilienz, wenn man so möchte. Und das darf man auch durchaus in bestimmten Bereichen kritisch sehen
00:45:19: und es ist sicherlich nicht resilient zu sagen zu jedem Zeitpunkt, ich mache mir das Leben,
00:45:22: wie es mir gefällt. Aber in einem Maß ist es sehr, sehr hilfreich und wir können uns einfach von
00:45:29: dieser Figur, die Asret Lindgren ja nicht umsonst geschaffen hat, können wir uns einfach viel
00:45:34: abschauen, von dem wir gehen, wir mit Schwierigkeiten um. Pipilangstrumpf ist ja, hat ja keine guten
00:45:39: Voraussetzungen im Leben. Also beide Elternteile sind gestorben, also es ist zwar so, dass sie
00:45:44: immer erzählt, der Vater ist Südseekönig, wenn man aber das Buch genau liest, dann ist sofort
00:45:49: klar, der ist einfach gestorben, der ist über Bord gegangen und tot und sie stellt sich das halt
00:45:53: jetzt so vor und ihre Mutter ist im Himmel und schaut auch von oben auf sie herab und hilft ihr.
00:45:58: Und insofern ist sie ja in schwierigen Umständen, aber sie ist wahnsinnig widerstandsfähig und
00:46:04: macht das Beste draus und hat eben so Eigenschaften, die wir uns als Erwachsene auch wieder aneignen,
00:46:09: sollten, also sich weniger um andere zu kümmern, gucken, was kann ich tun, was muss ich aber
00:46:14: vielleicht auch akzeptieren, was kann ich verändern, wo kann ich auch wirksam sein und gerade in
00:46:20: Krisenzeiten, in Herausforderungen, auch wenn wir die Nachrichten schauen, bekommen wir eher so
00:46:25: ein Gefühl von Hilflosigkeit, Opfer, so wir können nichts tun und dieses Wieder sich darauf zu
00:46:30: fokussieren, ja, was, aber es gibt immer was oder wie kann ich Probleme lösen, wie kann ich
00:46:34: Lösungen finden, kreativ out of the box denken, also Beispiel Pippi Langstrumpf macht ja irgendwie
00:46:41: an Weihnachten ihr Plätzchenteig am Boden, weil die Küchenfläche ist zu klein, also geht sie auf
00:46:46: den Boden und rollt da den Küchenteig, er den Kuchenteig auf, Plätzchenteig aus, würde natürlich
00:46:51: jeder Erwachsene sagen, kann man ja nicht bringen, aber es ist ja symbolisch gedacht, also wie kann
00:46:56: ich über das, was ich eh schon kenne und mache, hinausdenken und diese Fähigkeiten sind eigentlich
00:47:02: alles auch Resilienzfaktoren, wenn man das dem zuordnet und deswegen ist da einfach die Pippi
00:47:07: Langstrumpf ein wunderbares Symbol dafür. Frau Reichert, vielen lieben Dank für das ganz tolle
00:47:14: Gespräch. Ich habe wahnsinnig viel mitgenommen und ich glaube nicht nur ich, sondern alle, die
00:47:19: zuhören, wir werden uns jetzt alle einen großen Zettel rausholen und uns in die Mitte setzen und
00:47:25: dann mal schreiben. Sehr gut, ja und dann wird man oftmals überrascht sein und sehen, ich hab da
00:47:31: ja so viel Schönes, also es ist auch eine Übung, die wirklich gute Gefühle machen kann, nicht immer,
00:47:35: aber wo man einfach sieht, ja da ist ja was und auch das zu pflegen, was da ist, das kann sehr
00:47:41: bestärkend sein.
00:47:42: [Musik]
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